Alfred von Gutschmid

Alfred von Gutschmid

Hermann Alfred Freiherr von Gutschmid (* 1. Juli 1831 in Loschwitz; † 2. März 1887 in Tübingen) war ein deutscher Historiker und Orientalist.

Leben

Hermann Alfred Freiherr von Gutschmid entstammte dem 1770 durch Kaiser Joseph in den erblichen Reichsfreiherrenstand erhobenen Adelsgeschlecht von Gutschmid. Er war der Sohn des Hermann Otto Theodor Freiherr von Gutschmid (* 22. März 1800; † 10. Februar 1836) und seiner Ehefrau Luise Wilhelmine Freiin von Gutschmid (* 1797; † 1848).[1] Luise Wilhelmine Freiin von Gutschmid, Tochter von Gottlieb August Freiherr von Gutschmid, war die Cousine ihres Ehemannes.

Alfred von Gutschmid besuchte in Dresden die Kreuzschule und studierte anschließend ab 1848 an der Universität Leipzig Philologie und Geschichte. 1851 wechselte er für zwei Semester an die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Zu den akademischen Lehrern von Gutschmids gehörten bedeutende Forscherpersönlichkeiten seiner Zeit, darunter Theodor Mommsen, Moriz Haupt und Otto Jahn sowie Christian Lassen, Friedrich Ritschl und Friedrich Christoph Dahlmann in Bonn. 1854 wurde an der Leipziger Universität mit einer Dissertation De rerum aegyptiacarum scriptoribus graecis ante Alexandrum Magnum in Abwesenheit promoviert.

1863 wurde er als Nachfolger von Georg Waitz, der bereits 1848 nach Göttingen gewechselt hatte, an die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel berufen. Dort war er zunächst außerordentlicher Professor für ältere Geschichte und wurde 1866 zum ordentlichen Professor für Alte Geschichte ernannt. Damit war er der erste Professor in Kiel mit einem explizit althistorisch ausgerichteten Lehrstuhl; zu seinen dortigen Schülern gehörten Erwin Rohde, Benedikt Niese und Victor Gardthausen. 1873 folgte er einem Ruf an die Albertus-Universität Königsberg, 1876 wechselte er als Professor für Klassische Archäologie an die Universität Jena und 1877 wurde er an die Universität Tübingen berufen. Dort gehörten Julius Kaerst und Ulrich Wilcken zu seinen Schülern. Berufungen auf Lehrstühle an der Georg-August-Universität Göttingen und der Universität Straßburg lehnte er ab. In Tübingen starb von Gutschmid 1887.

Von Gutschmid war bereits seit 1861 Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. 1878 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Russische Akademie der Wissenschaften aufgenommen.[2] Gutschmid hat sich namentlich der Geschichte des vorgriechischen und des hellenistischen Orients sowie der alten Chronologie und Annalistik zugewendet.

Hermann Alfred Freiherr von Gutschmid heiratete 1857 in Dresden Constanze von Gutschmid (geb. Becker; * 1834; † 1904). Der Ehe entstammen ein Sohn und fünf Töchter.

Schriften

  • Über die Fragmente des Pompejus Trogus und die Glaubwürdigkeit ihrer Gewährsmänner. In: Neue Jahrbücher für Philologie und Pädagogik. Abteilung 1: Jahrbücher für classische Philologie. Supplementband 2, 1856/1857, ZDB-ID 220564-6, S. 180–282.
  • Kritik der polnischen Urgeschichte des Vincentius Kadłubek. In: Archiv für Kunde österreichischer Geschichts-Quellen. Bd. 17, 1857, S. 295–326 (Digitalisat).
  • Beiträge zur Geschichte des alten Orients. Zur Würdigung von Bunsen’s ‘Aegypten’ Band IV und V. Leipzig, Teubner 1858 (Digitalisat).
  • Die Apokalypse des Esra und ihre späteren Bearbeitungen. In: Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie. Bd. 3, ISSN 1863-1592, 1860, S. 1–81 (Digitalisat).
  • Die Nabatäische Landwirthschaft und ihre Geschwister. In: Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Bd. 15, 1861, S. 1–110 (Digitalisat).
  • Die makedonische Anagraphe. In: Symbola philologorum Bonnensium in honorem Friderici Ritschelii collecta. Band 1. Teubner, Leipzig 1864, S. 101–134 (Digitalisat).
  • Neue Beiträge zur Geschichte des alten Orients. Die Assyriologie in Deutschland. Teubner, Leipzig 1876 (Digitalisat).
  • Über die Glaubwürdigkeit der armenischen Geschichte des Moses von Khorene. In: Berichte der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften, Philologisch-historische Klasse. Jahrgang 1876, S. 1–43.
  • Untersuchungen über die Geschichte des Königreichs Osroëne (= Mémoires de l’Académie Impériale des Sciences de Saint-Pétersbourg. Reihe VII, Band 35, Nummer 1). Eggers u. a., St. Petersburg u. a. 1887 (Digitalisat).
  • Geschichte Irans und seiner Nachbarländer von Alexander dem Großen bis zum Untergang der Arsaciden. Herausgegeben von Theodor Nöldeke. Laupp, Tübingen 1888.
  • Kleine Schriften. Herausgegeben von Franz Rühl. 5 Bände, Teubner, Leipzig 1889–1894.

Literatur

  • Benedictus Niese: Alfred Freiherr von Gutschmid. In: Biographisches Jahrbuch für die Altertumswissenschaft. Band 15, 1892 (1893), S. 76–80.
  • Franz RühlAlfred von Gutschmid. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 49, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 646–652.
  • Hermann BengtsonAlfred von Gutschmid. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 348 f. (Digitalisat).
  • Karl Jordan, Erich Hofmann: Geschichte der Philosophischen Fakultät. Teil 2 (= Geschichte der Christian-Albrechts-Universität Kiel 1665–1965. Band 5,2). Karl Wachholtz, Neumünster 1969, S. 59–60.
  • Josef Wiesehöfer: Alte Geschichte in Kiel (1863–1976). In: Oliver Auge, Gerald Schwedler (Hrsg.): Impulse der Kieler Geschichtsforschung einst und heute für die deutschsprachige Geschichtswissenschaft. Zum 150-jährigen Bestehen des Historischen Seminars der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Universitätsverlag Kiel, Kiel 2022, ISBN 978-3-928794-79-4, S. 23–37, hier S. 24–26, DOI:10.38072/978-3-928794-80-0/p2.

Weblinks

Wikisource: Alfred von Gutschmid – Quellen und Volltexte
Commons: Alfred von Gutschmid – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stadtwiki Dresden. Abgerufen am 12. Februar 2021. 
  2. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Hermann Alfred Gutschmid. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 22. August 2015 (englisch). 
Inhaber des Lehrstuhls/der Professuren für Alte Geschichte an der Universität Kiel

Lehrstuhl/Erste Professur: Alfred von Gutschmid (1866–1873) | Christian August Volquardsen (1873–1879) | Georg Busolt (1879–1897) | Christian August Volquardsen (1897–1912) | Max L. Strack (1912–1914) | Hugo Prinz (1915–1934) | Paul L. Strack (1935–1941) | Herbert Nesselhauf (1946–1948) | Alfred Heuß (1948–1955) | Friedrich Vittinghoff (1955–1962) | Horst Braunert (1963–1976) | Frank Kolb (1977–1986) | Peter Weiß (1987–2008) | Andreas Luther (seit 2008)

Zweite Professur: Josef Wiesehöfer (1989–2016) | Hilmar Klinkott (seit 2016)

Lehrstuhlinhaber für Alte Geschichte an der Albertus-Universität Königsberg

Alfred von Gutschmid (1873–1876) | Franz Rühl (1876–1911) | Friedrich Münzer (1912–1921) | Oskar Leuze (1921–1934) | Lothar Wickert (1935–1939) | Kurt Stade (1941–1945)

Inhaber der Lehrstühle für Klassische Philologie an der Universität Jena

Erster Lehrstuhl: Ferdinand Gotthelf Hand (1817–1851) | Carl Nipperdey (1852–1875) | Erwin Rohde (1876–1878) | Rudolf Hirzel (1886–1913) | Christian Jensen (1913–1917) | Otto Weinreich (1918) | Friedrich Zucker (1918–1961) | Ernst Günther Schmidt (1974/87–1994) | Jürgen Dummer (1994–2000) | Jürgen Hammerstaedt (2000–2004) | Rainer Thiel (seit 2005)

Zweiter Lehrstuhl: Karl Wilhelm Göttling (1831–1869) | Conrad Bursian (1869–1874) | Rudolf Schöll (1874–1876) | Alfred von Gutschmid (1876–1877) | Heinrich Gelzer (1878–1906) | Georg Goetz (1906–1923) | Johannes Stroux (1923–1924) | Karl Barwick (1925–1954) | Friedmar Kühnert (1961–1981) | Volker Riedel (1987–2008) | Meinolf Vielberg (seit 1994)

Extraordinariat: Friedrich Gotthilf Osann (1821–1825) | Hermann Weißenborn (1843–1849) | Georg Bippart (1850–1852) | Moritz Vermehren (1864–1893) | Ernst Diehl (1906–1911) | Albrecht von Blumenthal (1928–1938)

Inhaber der Lehrstühle für Alte Geschichte an der Universität Tübingen

1. Lehrstuhl: Alfred von Gutschmid (1877–1887) | Ernst Kornemann (1902–1918) | Wilhelm Weber (1918–1925) | Joseph Vogt (1926–1929) | Richard Laqueur (1930–1932) | Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband (1932–1939) | Joseph Vogt (1940–1944, 1946–1962) | Hermann Bengtson (1963–1966) | Wilhelm Hoffmann (1968–1969) | Karl-Ernst Petzold (1970–1985) | Frank Kolb (1986–2013) | Sebastian Schmidt-Hofner (seit 2014)

2. Lehrstuhl: Karl Friedrich Stroheker (1963–1979) | Hildegard Temporini-Gräfin Vitzthum (1979–2004) | Mischa Meier (seit 2004)

Normdaten (Person): GND: 116934271 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 52454339 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Gutschmid, Alfred von
ALTERNATIVNAMEN Gutschmid, Hermann Alfred Freiherr von; Gutschmid, Baron Alfred von; Gutschmid, Freiherr Alfred von
KURZBESCHREIBUNG deutscher Historiker
GEBURTSDATUM 1. Juli 1831
GEBURTSORT Loschwitz
STERBEDATUM 2. März 1887
STERBEORT Tübingen