Anatoli Tichonowitsch Martschenko

Anatoli Tichonowitsch Martschenko (russisch Анатолий Тихонович Марченко; * 23. Januar 1938 in Barabinsk, Oblast Nowosibirsk, Russische SFSR, Sowjetunion; † 8. Dezember 1986 in Tschistopol, Tatarische ASSR, Russische SFSR, Sowjetunion) war ein sowjetischer Dissident, Autor und Menschenrechtler. Wegen seiner Kritik an der sowjetischen Regierung wurde er mehrmals inhaftiert.

Biografie

Martschenko wurde als Sohn eines Eisenbahnarbeiters in Barabinsk in Sibirien geboren.[1] Nach acht Jahren verließ er die Schule und war Mitglied des Komsomol. Martschenko arbeitete als Bauarbeiter beim Bau von Wasserkraftwerken und wurde damals das erste Mal inhaftiert. Nach einem Versuch, 1960 in den Iran zu flüchten, war er von 1960 bis 1966 erneut inhaftiert, zeitweise im Zentralgefängnis Wladimir.[2] Darüber schrieb er in dem 1969 in New York und Frankfurt am Main erschienenen Buch Meine Aussagen.

Er wurde zum politischen Dissidenten. Unter anderem war er Gründungsmitglied der Moskauer Helsinki-Gruppe und warnte die Tschechoslowaken vor den Sowjets, was ihm erneut eine Strafe einbrachte. Der KGB bot ihm an, nach Israel auszuwandern, was er jedoch ablehnte, da zwar seine Frau Jüdin sei, er jedoch nicht. Wegen seines Verbannungsberichtes Von Tarussa nach Tschunski wurde er 1981 in das Gefängnis UE148/2 in Tschistopol eingewiesen, in dem er Anfang Dezember 1986 nach einer Gehirnblutung starb.[3] Insgesamt war er sechsmal verurteilt worden und hatte 19 Jahre im Gefängnis verbracht.

Martschenko war der zweite Ehemann von Larissa Bogoras.[4] Er wurde 1988 postum mit dem Sacharow-Preis geehrt.

Schriften

  • Meine Aussagen (S. Fischer, Frankfurt am Main, 1969)
  • From Tarusa to Siberia (Strathcona, Michigan, 1980)
  • To Live Like Everyone (Henry Holt & Co., New York, 1989)

Einzelnachweise

  1. Joshua Rubenstein: Opinion | He Gave Moscow No Peace (Published 1986). In: nytimes.com. 19. Dezember 1986, abgerufen am 3. Februar 2024 (englisch). 
  2. DOKUMENTE DER ZEIT: Trauer um Martschenko. In: Die Zeit. Nr. 52, 1986 (zeit.de). 
  3. GESTORBEN: Anatolij Tichonowitsch Martschenko. In: Der Spiegel. Nr. 51, 1986 (online – 15. Dezember 1986). 
  4. https://www.boell.de/de/navigation/europa-nordamerika-3332.html
Liste der Träger des Sacharow-Preises

1988: Nelson Mandela, Anatoli Martschenko | 1989: Alexander Dubček | 1990: Aung San Suu Kyi | 1991: Adem Demaçi | 1992: Madres de Plaza de Mayo | 1993: Oslobođenje | 1994: Taslima Nasrin | 1995: Leyla Zana | 1996: Wei Jingsheng | 1997: Salima Ghezali | 1998: Ibrahim Rugova | 1999: Xanana Gusmão | 2000: ¡Basta Ya! | 2001: Zacarias Kamwenho, Izzat Ghazzawi, Nurit Peled-Elhanan | 2002: Oswaldo Payá | 2003: Kofi Annan, alle Mitarbeiter der Vereinten Nationen | 2004: Belarussischer Journalistenverband | 2005: Damen in Weiß, Hauwa Ibrahim, Reporter ohne Grenzen | 2006: Aljaksandr Milinkewitsch | 2007: Salih Mahmoud Osman | 2008: Hu Jia | 2009: Memorial | 2010: Guillermo Fariñas | 2011: Mohamed Bouazizi, Ali Ferzat, Asmaa Mahfuz, Ahmed al-Senussi, Razan Zaitouneh | 2012: Jafar Panahi, Nasrin Sotudeh | 2013: Malala Yousafzai | 2014: Denis Mukwege | 2015: Raif Badawi | 2016: Lamija Adschi Baschar, Nadia Murad | 2017: Demokratische Opposition in Venezuela | 2018: Oleh Senzow | 2019: Ilham Tohti | 2020: Demokratische Opposition in Belarus | 2021: Alexei Nawalny | 2022: Ukrainische Bevölkerung | 2023: Jina Mahsa Amini und die iranische Frauenbewegung

Normdaten (Person): GND: 118947044 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n80098062 | VIAF: 39380947 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Martschenko, Anatoli Tichonowitsch
ALTERNATIVNAMEN Марченко, Анатолий Тихонович (russisch)
KURZBESCHREIBUNG sowjetischer Autor und Menschenrechtler
GEBURTSDATUM 23. Januar 1938
GEBURTSORT Barabinsk, Oblast Nowosibirsk, Russische SFSR, Sowjetunion
STERBEDATUM 8. Dezember 1986
STERBEORT Tschistopol, Tatarische ASSR, Russische SFSR, Sowjetunion