Die Mondscheingasse

Die Mondscheingasse ist eine Novelle von Stefan Zweig aus dem Jahr 1922.[1]

Handlung

Der Erzähler, ein junger Deutscher, ist in einer kleinen französischen Hafenstadt gelandet und überbrückt die Wartezeit auf den verpassten Nachtzug nach Deutschland mit einem Spaziergang durch die mondbeschienenen Gassen des Hafenviertels. Er gerät in ein Vergnügungslokal, in dem sich die Kellnerin gleich ein Bier mitbestellt und sich neben den Gast setzt. Einen zweiten Gast behandelt die Prostituierte, die gut Deutsch spricht, ziemlich barsch und beschimpft ihn als Geizkragen. Die immer schärferen Angriffe auf den Gast werden dem Erzähler zu viel, und er verlässt das Lokal. Draußen in der Mondscheingasse tritt der Gast an den Erzähler heran und erzählt ihm seine Geschichte.

Die Kellnerin ist seine Frau. Vor vier Jahren noch hatten sie zusammen im hessischen Geratzheim gelebt. Damals war der Mann noch reich und hatte die sehr Arme zur Frau genommen. Um jedes Kleid, um jede Kleinigkeit hatte sie ihn bitten müssen. Das hatte ihm gefallen, und er hatte sie immer wieder um Geld betteln lassen. Eines Tages ist sie dann mit einem Soldaten nach Berlin durchgebrannt. Ihr Liebhaber hatte sie sitzen lassen. Der Mann ist ihr dann nach Berlin gefolgt und hatte später dann in Amsterdam ihre Rückkehr aus Argentinien abgewartet. Sie versöhnten sich miteinander, aber wegen einer Kleinigkeit – es ging wieder um Geld – kam es zum Streit, und die Frau verließ ihn zum zweiten Mal.

Nach Monaten fand der Mann seine Ehefrau in der Hafenstadt wieder. Von seinem letzten Geld hat er sich ein Messer gekauft. Er zeigt es dem Erzähler und bittet ihn, mit der Kellnerin zu sprechen. Der Erzähler findet bei Tageslicht die Mondscheingasse nicht wieder. Doch als er sich bei Mondschein zu Fuß vom Hotel zum Nachtzug begibt, kommt er an der Gasse vorbei. Der Mann steht wieder wartend vor dem Lokal. Der Erzähler erinnert sich an dessen Bitte und will ihm helfen. Im letzten Moment zaudert er aber: Er will seinen Zug erreichen. Als er weiter zum Bahnhof geht, sieht er, wie der Mann mit etwas Blinkendem in den Händen in die Kneipe stürmt.

Verfilmung

In Édouard Molinaros Film „La Ruelle au clair de lune“ (deutscher Titel: Die Mondscheingasse[2]) französische Premiere am 10. November 1988, der sich streckenweise an den Text anlehnt, spielen Michel Piccoli, Niels Arestrup und Marthe Keller.[3]

Textausgaben

  • Stefan Zweig: Die Mondscheingasse. In: Novellen. Bd. 2, S. 295–317. 3. Aufl. Aufbau-Verlag, Berlin 1986.
  • Stefan Zweig: Die Mondscheingasse. Gesammelte Erzählungen. (Brennendes Geheimnis. Geschichte in der Dämmerung. Angst. Der Amokläufer. Brief einer Unbekannten. Die Frau und die Landschaft. Die Mondscheingasse. Phantastische Nacht. Untergang eines Herzens. Verwirrung der Gefühle. Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau. Buchmendel. Leporella. Die gleich-ungleichen Schwestern. Schachnovelle). Fischer, Frankfurt am Main 1989. (Fischer Taschenbuch. 9518.) ISBN 3-596-29518-1

Weblinks

  • Die Mondscheingasse im Projekt Gutenberg-DE

Einzelnachweise

  1. Verwendete Ausgabe, S. 531
  2. Die Mondscheingasse. In: TV Spielfilm. Abgerufen am 13. März 2019. 
  3. La ruelle au clair de lune bei IMDb
Werke von Stefan Zweig
Gedichtbände

Silberne Saiten | Die frühen Kränze

Prosawerke

Vergessene Träume | Praterfrühling | Im Schnee | Zwei Einsame | Ein Verbummelter | Die Liebe der Erika Ewald | Der Stern über dem Walde | Die Wanderung | Die Wunder des Lebens | Das Kreuz | Scharlach | Geschichte eines Unterganges | Geschichte in der Dämmerung | Die Gouvernante | Brennendes Geheimnis | Sommernovellette | Das Herz Europas | Fahrten. Landschaften und Städte. | Die Legende der dritten Taube | Der Zwang | Brief einer Unbekannten | Der Amokläufer | Die Augen des ewigen Bruders | Phantastische Nacht | Die Mondscheingasse | Die Frau und die Landschaft | Die unsichtbare Sammlung | Angst | Episode am Genfer See | Vierundzwanzig Stunden aus dem Leben einer Frau | Untergang eines Herzens | Verwirrung der Gefühle | Die gleich-ungleichen Schwestern | Die Hochzeit von Lyon | Sternstunden der Menschheit | Leporella | Buchmendel | Unvermutete Bekanntschaft mit einem Handwerk | Die Kette | Kaleidoskop | Der begrabene Leuchter | Begegnungen mit Menschen, Büchern, Städten | Ein Mensch, den man nicht vergißt | Ungeduld des Herzens | Brasilien. Ein Land der Zukunft | Schachnovelle | Die Welt von Gestern | War er es? | Die spät bezahlte Schuld | Rausch der Verwandlung | Wondrak | Widerstand der Wirklichkeit | Clarissa

Dramen

Tersites | Der verwandelte Komödiant | Das Haus am Meer | Jeremias | Legende eines Lebens | Volpone | Quiproquo | Adam Lux | Das Lamm des Armen | Die schweigsame Frau

Biografien

Verlaine | Emile Verhaeren | Die Baumeister der Welt (Drei Meister: Balzac – Dickens – Dostojewski, Der Kampf mit dem Dämon: Hölderlin – Kleist – Nietzsche, Drei Dichter ihres Leben: Casanova – Stendhal – Tolstoi) | Marceline Desbordes-Valmore. Das Lebensbild einer Dichterin | Romain Rolland. Der Mann und das Werk | Frans Masereel | Joseph Fouché. Bildnis eines politischen Menschen | Die Heilung durch den Geist | Sigmund Freud | Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters | Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam | Maria Stuart | Castellio gegen Calvin | Magellan. Der Mann und seine Tat | Amerigo. Die Geschichte eines historischen Irrtums | Montaigne | Balzac. Roman seines Lebens