Finaltopologie

Als Finaltopologie bezüglich einer Abbildungsfamilie bezeichnet man im mathematischen Teilgebiet der Topologie die feinste Topologie auf einer Menge  X {\displaystyle X} , die diese Familie von Abbildungen aus anderen topologischen Räumen nach X {\displaystyle X} stetig macht. Die Finaltopologie entsteht also durch „Vorwärtsübertragung“ der auf den Urbildräumen vorhandenen topologischen Strukturen auf die Menge X {\displaystyle X} . Dies ist die Anwendung eines allgemeineren Konzepts aus der Kategorientheorie auf topologische Räume, mit der wichtige „natürliche Räume“ wie Quotienten- und Summenräume in einen gemeinsamen Rahmen gestellt werden können. Je nach Kontext spricht man dann auch von Quotiententopologie bzw. Summentopologie.

Definition

Gegeben ist eine Menge X {\displaystyle X} , eine Familie von topologischen Räumen ( Y i , T i ) {\displaystyle (Y_{i},T_{i})} und eine Familie von Abbildungen f i : Y i X {\displaystyle f_{i}\colon Y_{i}\to X} . Eine Topologie S {\displaystyle S} auf X {\displaystyle X} heißt Finaltopologie bezüglich der Familie ( Y i , T i , f i ) {\displaystyle (Y_{i},T_{i},f_{i})} wenn sie eine der folgenden gleichwertigen Eigenschaften hat:

Universelle Eigenschaft der Finaltopologie
Universelle Eigenschaft der Finaltopologie
  1. S {\displaystyle S} ist die feinste Topologie auf X {\displaystyle X} , bezüglich der alle Abbildungen f i {\displaystyle f_{i}} stetig sind.
  2. Eine Teilmenge O {\displaystyle O} von X {\displaystyle X} ist offen (also in S {\displaystyle S} ) genau dann, wenn alle ihre Urbilder f i 1 ( O ) {\displaystyle f_{i}^{-1}(O)} in den jeweiligen Urbildräumen offen sind.
  3. Eine Funktion g {\displaystyle g} von X {\displaystyle X} in einen topologischen Raum Z {\displaystyle Z} ist genau dann stetig, wenn g f i {\displaystyle g\circ f_{i}} stetig ist für jedes f i {\displaystyle f_{i}} der Familie.

Bemerkungen

Die drei Formulierungen der Definition beleuchten unterschiedliche Aspekte der Finaltopologie:

  1. Hier wird sie als Infimum gewisser Topologien im Verband aller Topologien auf X {\displaystyle X} angesehen: Durch jede einzelne Abbildung f i {\displaystyle f_{i}} wird aus dem Urbildraum Y i {\displaystyle Y_{i}} eine topologische Struktur S i {\displaystyle S_{i}} auf X {\displaystyle X} übertragen und die Finaltopologie S {\displaystyle S} ist der Durchschnitt all dieser Topologien. Mit dieser Definition lässt sich die Existenz der Finaltopologie beweisen.
  2. Diese Definition ist konstruktiv. Mit ihr kann man für beliebige Teilmengen von X {\displaystyle X} entscheiden, ob sie in der Finaltopologie offen sind. Hieraus ergibt sich leicht die Eindeutigkeit dieser Topologie.
  3. Die abstrakte Charakterisierung rechtfertigt die Bezeichnung „Final“-Topologie und gestattet es, diese Strukturen im allgemeineren Rahmen der Kategorientheorie zu betrachten. Die Initialtopologie kann durch die hierzu duale Eigenschaft charakterisiert werden.

Beispiele

  • Die Quotiententopologie ist die Finaltopologie bezüglich der kanonischen Projektion auf den Quotientenraum.
  • Der topologische Summenraum einer Familie X i {\displaystyle X_{i}} von topologischen Räumen ist die Finaltopologie auf der disjunkten Vereinigungsmenge der Familie bezüglich der kanonischen Inklusionsabbildungen. In diesem Fall nennt man die Finaltopologie auch die Summentopologie.
  • Die Kombination der Summen- und Quotientenraumbildung, also das „Verkleben“ mehrerer topologischer Räume, kann mit der Finaltopologie in einem Schritt vorgenommen werden.

Literatur

  • Boto von Querenburg: Mengentheoretische Topologie. 2. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 1979, ISBN 3-540-09799-6 (Hochschultext).