Heinrich Brauns

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Heinrich Brauns

Heinrich Brauns (* 3. Januar 1868 in Köln; † 19. Oktober 1939 in Lindenberg im Allgäu) war ein deutscher Zentrums-Politiker und katholischer Theologe und Priester.

Leben

Heinrich Brauns wurde als einziges Kind eines Schneidermeisters geboren. Nach dem Studium der Theologie und der Priesterweihe im Jahr 1890 war er zunächst Kaplan an der Pfarrei St. Josef in Krefeld und ab 1895 in Borbeck. In Borbeck förderte er den örtlichen katholischen Bergarbeiterverein und stand daraufhin im Ruf, ein „roter Kaplan“ zu sein. Im Jahre 1900 wurde er zum Leiter der Organisationsabteilung in der Zentralstelle des Volksvereins für das katholische Deutschland in Mönchengladbach ernannt. Nebenher studierte er ab 1903 in Freiburg und in Bonn Volkswirtschaft und Staatswissenschaften. 1905 wurde er mit einer Dissertation über die Entwicklung von der handwerklichen Weberei zur maschinellen Textilproduktion promoviert. Im selben Jahr wurde er Direktor der Zentralstelle des Volksvereins für das katholische Deutschland, der bedeutendsten Organisation des deutschen Katholizismus im Kaiserreich. Im Gewerkschaftsstreit setzte er sich für interkonfessionelle christliche Gewerkschaften ein.

1929 wurde er Vorsitzender der (katholischen) Internationalen Arbeitskonferenz. 1933 wurde er zusammen mit Wilhelm Marx und Adam Stegerwald im Prozess gegen den Kölner Volksverein-Verlag in seiner Funktion als Vorstandsmitglied des Volksvereins angeklagt, der Prozess wurde aber 1934 eingestellt.

Partei

Brauns war Mitglied der Zentrumspartei. Sein Versuch, diese durch Aufnahme auch evangelischer Mitglieder in eine überkonfessionelle christliche Volkspartei – vergleichbar der heutigen CDU – zu verändern, scheiterte. 1920 wurde er in den Parteivorstand gewählt, wo er sich selbst zum rechten Flügel zählte.

Abgeordneter

Brauns gehörte 1919/20 der Weimarer Nationalversammlung für den Wahlkreis Köln-Aachen an, in der er Vorsitzender des Ausschusses für Sozialpolitik war. Anschließend war er bis zur Wahl 1933 Reichstagsabgeordneter. 1920 war er für vier Jahre auf dem Reichswahlvorschlag gewählt worden, 1924 bis Juli 1932 vertrat er den Wahlkreis Weser-Ems, seitdem wurde er wieder auf dem Reichswahlvorschlag gewählt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Ministeramt übernahm er auch dort den Vorsitz des sozialpolitischen Ausschusses.

Öffentliche Ämter

Brauns war ununterbrochen vom 25. Juni 1920 bis zum 12. Juni 1928 Reichsarbeitsminister und prägte die Sozialpolitik der Weimarer Republik. Die lange Amtszeit brachte ihm den Spitznamen Heinrich der Ewige ein.[1] Er schuf die Grundlage für viele sozialpolitische Gesetze und Einrichtungen. Sein sozialpolitisches Vorbild war Papst Leo XIII.

Wichtige Gesetze und Verordnungen, die unter seiner Verantwortung entstanden:

Im Frühjahr 1931 wurde Heinrich Brauns Vorsitzender der von Heinrich Brüning einberufenen Gutachterkommission zur Arbeitslosenfrage (Brauns-Kommission).[2] Er starb 1939 an den Folgen einer Blinddarmentzündung.[1]

Ehrungen

Ihm zu Ehren vergibt der Bischof von Essen seit 1978 alle zwei Jahre den Heinrich-Brauns-Preis.

Mitgliedschaften

Er war seit 1886 Mitglied der katholischen Studentenverbindung KDStV Novesia Bonn im CV und später wurde er noch ehrenhalber Mitglied der KDStV Arminia Freiburg im Breisgau im CV.[3]

Veröffentlichungen

  • Unsere Aufgabe gegenüber dem Vordringen der Sozialdemokratie, Mönchengladbach 1903
  • Der Übergang von der Handweberei zum Fabrikbetrieb in der Niederrheinischen Samt- und Seidenindustrie und die Lage der arbeiter in dieser Periode, Leipzig 1906
  • Die christlichen Gewerkschaften, Mönchengladbach 1908.
  • Die Gewerkschaftsfrage, Wien 1912.
  • Die Achtstundenschicht im deutschen Steinkohlenbergbau. Bericht an die Internationale Vereinigung für gesetzlichen Arbeiterschutz, Berlin 1919.
  • Lohnpolitik, 1921.
  • Wirtschaftskrisis und Sozialpolitik, 1924.
  • Überwindung des Kapitalismus durch eine einheitliche proletarische Volksbewegung?, Mönchengladbach 1929.
  • Zum Kampf um die Sozialpolitik, Essen 1930.
  • Heinrich Brauns, Katholische Sozialpolitik im 20. Jahrhundert. Ausgewählte Aufsätze und Reden. Bearbeitet von H. Mockenhaupt, Mainz 1976.

Literatur

  • Helga GrebingBrauns, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 560 f. (Digitalisat).
  • Eckhard Hansen, Florian Tennstedt (Hrsg.) u. a.: Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945. Band 2: Sozialpolitiker in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus 1919 bis 1945. Kassel University Press, Kassel 2018, ISBN 978-3-7376-0474-1, S. 21 df. (Online, PDF; 3,9 MB).
  • Bernd Haunfelder: Reichstagsabgeordnete der Deutschen Zentrumspartei 1871–1933. Biographisches Handbuch und historische Photographien (= Photodokumente zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. Band 4). Droste, Düsseldorf 1999, ISBN 3-7700-5223-4, S. 299–300.
  • Beatrix Herlemann, Helga Schatz: Biographisches Lexikon niedersächsischer Parlamentarier 1919–1945 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Band 222). Hahnsche Buchhandlung, Hannover 2004, ISBN 3-7752-6022-6, S. 61.
  • Markus Lingen: Heinrich Brauns und der Volksverein für das katholische Deutschland (1900–1933). In: Reimund Haas, Karl Josef Rivinius und Hermann-Josef Scheidgen (Hrsg.): „Im Gedächtnis der Kirche neu erwachen“. Studien zur Geschichte des Christentums in Mittel- und Osteuropa zum Jubeljahr 2000 als Festgabe für Gabriel Adriányi zum 65. Geburtstag (Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte, Band 22), Köln, Weimar, Wien 2000, S. 235–264, ISBN 3-412-04100-9.
  • Markus Lingen: Brauns, Heinrich. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 17, Bautz, Herzberg 2000, ISBN 3-88309-080-8, Sp. 175–184 (Artikel/Artikelanfang im Internet-Archive).
  • Hubert Mockenhaupt: Heinrich Brauns (1868–1939). In: Jürgen Aretz, Rudolf Morsey, Anton Rauscher (Hrsg.): Zeitgeschichte in Lebensbildern, Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts. Band 1, Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster 2022, ISBN 978-3-402-06112-1, S. 148–159.(Digitalisat)
  • Hubert Mockenhaupt: Priesterliche Existenz und sozialpolitisches. Engagement von Heinrich Brauns. Dissertation (Saarbrücken) 1976.
  • Hubert Mockenhaupt (Bearb.): Heinrich Brauns. Katholische Sozialpolitik im 20. Jahrhundert. Ausgewählte Aufsätze und Reden (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte, Reihe A: Quellen, Band 19), Mainz 1976.
  • Hubert Mockenhaupt: Weg und Wirken des geistlichen Sozialpolitikers Heinrich Brauns. Beiträge zur Katholizismusforschung, Reihe B: Abhandlungen. Paderborn 1977.
  • Hubert Mockenhaupt: Der franziskanische Geist des Reichsarbeitsministers Heinrich Brauns. In: Franziskanische Studien. 1980, S. 31–38.
  • Hubert Mockenhaupt: Heinrich Brauns (1868–1939). In: Rheinische Lebensbilder. Band 4, Köln 1982, S. 211–232.
  • Hubert Mockenhaupt: Heinrich Brauns (1868–1939). In: Alfred Pothmann und Reimund Haas (Hrsg.): Christen an der Ruhr. Band 1, Bottrop, Essen 1998, S. 138–150.

Weblinks

  • Literatur von und über Heinrich Brauns im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Zeitungsartikel über Heinrich Brauns in den Historischen Pressearchiven der ZBW
  • Lebenslauf von Heinrich Brauns auf den Seiten der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Reichsarbeitsministeriums 1933–1945
  • Gabriel Eikenberg: Heinrich Brauns. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
  • Heinrich Brauns in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten

Einzelnachweise

  1. a b Christoph Arens: Heinrich der Ewige (Ein Priester war beständigster Minister der Weimarer Republik) Konradsblatt Wochenzeitung für das Erzbistum Freiburg vom 12. Oktober 2014, Seite 48
  2. Christoph Butterwegge: Krise und Zukunft des Sozialstaates. 3. Auflage. Wiesbaden 2006. S. 57. (online)
  3. Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen: Die Ehrenmitglieder, Alten Herren und Studierenden des CV, des Cartell-Verbandes der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen. - Wien, 1931, S. 138.
Kabinett Fehrenbach – 25. Juni 1920 bis 4. Mai 1921

Constantin Fehrenbach (Reichskanzler, Zentrum) | Rudolf Heinze (DVP) | Walter Simons (parteilos) | Erich Koch-Weser (DDP) | Joseph Wirth (Zentrum) | Ernst Scholz (DVP) | Andreas Hermes (Zentrum) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Wilhelm Groener (parteilos) | Johannes Giesberts (Zentrum) | Hans von Raumer (DVP)

Kabinett Wirth I – 10. Mai 1921 bis 22. Oktober 1921

Joseph Wirth (Reichskanzler, Zentrum) | Gustav Bauer (SPD) | Friedrich Rosen (parteilos) | Georg Gradnauer (SPD) | Eugen Schiffer (DDP) | Robert Schmidt (SPD) | Andreas Hermes (Zentrum) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Wilhelm Groener (parteilos) | Johannes Giesberts (Zentrum) | Walther Rathenau (DDP)

Kabinett Wirth II – 26. Oktober 1921 bis 14. November 1922

Joseph Wirth (Reichskanzler, Zentrum) | Gustav Bauer (SPD) | Walther Rathenau (DDP) | Adolf Köster (SPD) | Gustav Radbruch (SPD) | Andreas Hermes (Zentrum) | Robert Schmidt (SPD) | Anton Fehr (BBB) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Wilhelm Groener (parteilos) | Johannes Giesberts (Zentrum)

Kabinett Cuno – 22. November 1922 bis 12. August 1923

Wilhelm Cuno (Reichskanzler, parteilos) | Frederic von Rosenberg (parteilos) | Rudolf Oeser (DDP) | Rudolf Heinze (DVP) | Andreas Hermes (Zentrum) | Johann Becker (DVP) | Karl Müller (Zentrum) | Hans Luther (parteilos) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Wilhelm Groener (parteilos) | Karl Stingl (BVP) | Heinrich Albert (parteilos)

Kabinett Stresemann I – 13. August 1923 bis 4. Oktober 1923

Gustav Stresemann (Reichskanzler, DVP) | Robert Schmidt (SPD) | Wilhelm Sollmann (SPD) | Gustav Radbruch (SPD) | Rudolf Hilferding (SPD) | Hans von Raumer (DVP) | Hans Luther (parteilos) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Rudolf Oeser (DDP) | Anton Höfle (Zentrum) | Johannes Fuchs (Zentrum)

Kabinett Stresemann II – 6. Oktober 1923 bis 23. November 1923

Gustav Stresemann (Reichskanzler, DVP) | Robert Schmidt (SPD) | Wilhelm Sollmann (SPD) | Karl Jarres (DVP) | Gustav Radbruch (SPD) | Hans Luther (parteilos) | Joseph Koeth (parteilos) | Gerhard Graf von Kanitz (parteilos) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Rudolf Oeser (DDP) | Anton Höfle (Zentrum) | Johannes Fuchs (Zentrum)

Kabinett Marx I – 30. November 1923 bis 26. Mai 1924

Wilhelm Marx (Reichskanzler, Zentrum) | Karl Jarres (DVP) | Gustav Stresemann (DVP) | Erich Emminger (BVP) | Hans Luther (parteilos) | Eduard Hamm (DDP) | Gerhard Graf von Kanitz (parteilos) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Rudolf Oeser (DDP) | Anton Höfle (Zentrum)

Kabinett Marx II – 3. Juni 1924 bis 15. Dezember 1924

Wilhelm Marx (Reichskanzler, Zentrum) | Karl Jarres (DVP) | Gustav Stresemann (DVP) | Hans Luther (parteilos) | Eduard Hamm (DDP) | Gerhard Graf von Kanitz (parteilos) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Rudolf Oeser (DDP) | Rudolf Krohne (DVP) | Anton Höfle (Zentrum)

Kabinett Luther I – 15. Januar 1925 bis 5. Dezember 1925

Hans Luther (Reichskanzler, parteilos) | Gustav Stresemann (DVP) | Martin Schiele (DNVP) | Otto Geßler (DDP) | Josef Frenken (Zentrum) | Otto von Schlieben (DNVP) | Albert Neuhaus (DNVP) | Rudolf Krohne (DVP) | Gerhard Graf von Kanitz (parteilos) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Karl Stingl (BVP)

Kabinett Luther II – 19. Januar 1926 bis 12. Mai 1926

Hans Luther (Reichskanzler, parteilos) | Gustav Stresemann (DVP) | Wilhelm Külz (DDP) | Wilhelm Marx (Zentrum) | Peter Reinhold (DDP) | Julius Curtius (DVP) | Heinrich Haslinde (Zentrum) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Rudolf Krohne (DVP) | Karl Stingl (BVP)

Kabinett Marx III – 16. Mai 1926 bis 17. Dezember 1926

Wilhelm Marx (Reichskanzler, Zentrum) | Gustav Stresemann (DVP) | Wilhelm Külz (DDP) | Johannes Bell (Zentrum) | Peter Reinhold (DDP) | Julius Curtius (DVP) | Heinrich Haslinde (Zentrum) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Rudolf Krohne (DVP) | Karl Stingl (BVP)

Kabinett Marx IV – 28. Januar 1927 bis 12. Juni 1928

Wilhelm Marx (Reichskanzler, Zentrum) | Oskar Hergt (DNVP) | Gustav Stresemann (DVP) | Walter von Keudell (DNVP) | Heinrich Köhler (Zentrum) | Julius Curtius (DVP) | Martin Schiele (DNVP) | Heinrich Brauns (Zentrum) | Otto Geßler (DDP) | Wilhelm Groener (parteilos) | Wilhelm Koch (DNVP) | Georg Schätzel (BVP)

Normdaten (Person): GND: 118514725 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n50045551 | VIAF: 137795 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Brauns, Heinrich
KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker (Zentrum), MdR
GEBURTSDATUM 3. Januar 1868
GEBURTSORT Köln
STERBEDATUM 19. Oktober 1939
STERBEORT Lindenberg im Allgäu