Mathias Rauchmiller

Johann Mathias Rauchmiller (auch Matthias Rauchmiller oder Mathias Rauchmüller; * 11. Januar 1645 in Radolfzell[1]; † 15. Februar 1686 in Wien) war ein deutscher Bildhauer, Elfenbeinschnitzer, Maler und Architekt.

Grabmal für Karl von Metternich

Leben

Rauchmiller wurde als viertes Kind und erster Sohn seiner Eltern Matthias und Agatha in Radolfzell geboren.

Es ist nicht bekannt, wessen Schüler Rauchmiller war. Erstmals nachweisbar ist er 1669/71 in Mainz, wo er ein Kruzifix für den dortigen Dom schuf. Dortige Maler und Bildhauer legen Beschwerden gegen Rauchmiller bei Rat der Stadt ein: Sie bezeichnen ihn als Störer, als einen, der die Kunst nicht zünftig gelernt habe.

In Mainz heiratet Rauchmiller 1671 die Bürgerstochter Anna Maria Münch. Mit ihr hat er mindestens drei Kinder: Maria Elisabeth (*/† 1676), eine weitere Tochter (*/† um 1678) und Heinrich Ernst (* um 1669).

Um 1675 wurde er mit der Ausführung eines Grabmals für Karl von Metternich beauftragt, das in der Trierer Liebfrauenkirche aufgestellt wurde.[2]

Ab 1676 hielt sich Mathias Rauchmiller vornehmlich in Wien auf. Für die Jahre 1677–1679 ist er in Schlesien nachgewiesen. Als Stiftung der Herzoginwitwe Luise wurde nach Rauchmillers Entwurf in der Liegnitzer Johanneskirche ein Mausoleum der Schlesischen Piasten für die letzte Liegnitzer Piastenfamilie errichtet, für das er auch die Bildhauerarbeiten (einschließlich der vier lebensgroßen Statuen der herzoglichen Familie) sowie die Malerei schuf.[3] Während dieser Jahre wurde er vermutlich auch mit der Innenausstattung des ehemaligen Fürstensaals (jetzt Rittersaal) des Ohlauer Schlosses beauftragt, das von der Herzoginwitwe Luise erweitert wurde. Für die Breslauer Magdalenenkirche schuf er 1677 ein Epitaph in Form eines Sarkophags für Adam von Arzat. Die vollplastischen Figuren stellen Ehre und Hoffnung dar, und in der Nische oberhalb des Epitaphs wird die Personifizierung des Ruhmes dargestellt. Das ein Jahr später für dieselbe Kirche geschaffene Marmorepitaph für Octavius Pestaluzzi ist nur teilweise erhalten.

Langhaus-Deckenfresko in der Wiener Dominikanerkirche (ab 1675)

1681 entwarf Rauchmiller für die Prager Karlsbrücke ein kleines Gipsmodell der von Matthias Gottfried Freiherrn von Wunschwitz gestifteten Nepomukstatue, die von Johann Brokoff nach dem Gipsmodell im südwestböhmischen Ronsperg (auf dem Schloss des Freiherrn von Wunschwitz) in Holz gefertigt und von Wolf Hieronymus Herold gegossen wurde.[4] In der Wiener Dominikanerkirche fertigte er das Langhausfresko, und 1682 lieferte er den Gesamtentwurf für die Wiener Pestsäule, von dem nur noch drei Engel erhalten sind. Nach dem Tod des Malers Carpoforo Tencalla 1685 übernahm Mathias Rauchmiller die Freskierung der Seitenschiffe sowie zweier Kapellen im Passauer Dom. Diese Arbeiten wurden nach Rauchmillers Tod 1686 von Tencallas Schwiegersohn Carlo Antonio Bussi vollendet.

Neben Großplastiken, Malereien und Elfenbeinschnitzereien schuf Mathias Rauchmiller auch zahlreiche Zeichnungen für Thesenblätter, die von den Augsburger Kupferstechern Melchior Küsel und Philipp Kilian gestochen wurden. Die Zeichnungen Tod der Sophonisbe und Tod der Kleopatra wurden von Jacob von Sandrart gestochen.

Werk (Auswahl)

Elfenbeinschnitzereien

Plastiken

  • 1677/79: Piastenmausoleum in der Liegnitzer Johanniskirche
  • 1677/79: Epitaphien für Adam von Arzat und Octavius von Pestaluzzi in der Breslauer Magdalenenkirche
  • 1682: Drei Engelsfiguren für die beauftragte Grabensäule in Wien

Fresken und Zeichnungen

Literatur

  • Ernst Badstübner (Hrsg.): Schlesien (= Dehio-Handbuch der Kunstdenkmäler in Polen. Band 1). Deutscher Kunstverlag, Berlin 2005, ISBN 3-422-03109-X, S. 69, 526, 699 und 1062.
  • Veronika Birke: Mathias Rauchmiller. Leben und Werk. Herder, Wien 1981, ISBN 3-210-24641-6. 
  • Michael Brix (Bearb.): Niederbayern (= Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Teil: Bayern. Band 2). Deutscher Kunstverlag, Berlin 1988, ISBN 3-422-03007-7, S. 499 und 505.
  • Adolf Geßner: Das Epitaph des Philipp Erwin von Schönborn. Ein Beitrag zur Rauchmüllerforschung. In: Jahrbuch für das Bistum Mainz. Band 3, 1948, S. 75 bis 88. 
  • Vera Friederike Hell: Matthias Rauchmüller. In: Verein für Geschichte des Hegau e. V. (Hrsg.): Hegau – Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rhein, Donau und Bodensee. Band 6. Selbstverlag, Reutlingen und Singen (Hohentwiel) 1958, S. 222 bis 225. 
  • Tilman Kossatz: Rauchmiller, Johann Mathias. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 200 f. (Digitalisat).
  • Josef Ringler: Rauchmiller, Matthias. In: Hans Vollmer (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 28: Ramsden–Rosa. E. A. Seemann, Leipzig 1934, S. 41 (biblos.pk.edu.pl). 
  • Barbara Simon: Rauchmiller, Matthias. In: Allgemeines Künstlerlexikon. Die Bildenden Künstler aller Zeiten und Völker (AKL). Band 97, de Gruyter, Berlin 2018, ISBN 978-3-11-023264-6, S. 537.

Weblinks

Commons: Matthias Rauchmüller – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Die Angabe in Christian Kundmann: Promptuarium vratislavense, er sei ein Tiroler gewesen, geht vermutlich auf eine Verwechslung mit seinen aus Tirol stammenden Gehilfen Jakob Auer und Johann Pichler zurück.
  2. Liebfrauenkirche - Grabdenkmal von Metternich. In: Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier. 19. März 2023, abgerufen am 29. Februar 2024. 
  3. Andrea Langer, in: Joachim Bahlcke: Schlesien und die Schlesier. Langen Müller Verlag, ISBN 3-7844-2781-2, S. 309.
  4. Isabel Heitjan: Das „Wunder“ Johanns von Nepomuk 1744 zu Prag. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel – Frankfurter Ausgabe. Nr. 89, 5. November 1968 (= Archiv für Geschichte des Buchwesens. Band 62), S. 2863–2868, hier: S. 2867.
  5. Christian Scherer: II. Die Elfenbeinplastik der Barockzeit. In: Jean Louis Sponsel (Hrsg.): Elfenbeinplastik seit der Renaissance (= Monographien des Kunstgewerbes. Band 8). Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig 1903, S. 75 (Textarchiv – Internet Archive): „[…] der die volle Bezeichnung ‚Mathias Rauchmiller fecit‘ und die Jahreszahl 1670 trägt […]“ 
  6. Vera Friederike Hell: Matthias Rauchmüller. Hrsg.: Verein für Geschichte des Hegau e. V. Sammelwerk=Hegau – Zeitschrift für Geschichte, Volkskunde und Naturgeschichte des Gebietes zwischen Rhein, Donau und Bodensee. Band 6. Selbstverlag, Reutlingen und Singen (Hohentwiel) 1958, S. 222. 
  7. Christian Scherer: II. Die Elfenbeinplastik der Barockzeit. In: Jean Louis Sponsel (Hrsg.): Elfenbeinplastik seit der Renaissance (= Monographien des Kunstgewerbes. Band 8). Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig 1903, S. 14 (Textarchiv – Internet Archive – Bacchusgruppe). 
  8. Christian Scherer: II. Die Elfenbeinplastik der Barockzeit. In: Jean Louis Sponsel (Hrsg.): Elfenbeinplastik seit der Renaissance (= Monographien des Kunstgewerbes. Band 8). Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig 1903, S. 75, Figur 62. Apollo und Daphne (Textarchiv – Internet Archive). 
  9. Bayerisches Nationalmuseum, University of Michigan: Fuehrer durch das Bayerische Nationalmuseum in München. Selbstverlag, München 1908, S. 162 (Textarchiv – Internet Archive). 
  10. Christian Scherer: II. Die Elfenbeinplastik der Barockzeit. In: Jean Louis Sponsel (Hrsg.): Elfenbeinplastik seit der Renaissance (= Monographien des Kunstgewerbes. Band 8). Hermann Seemann Nachfolger, Leipzig 1903, S. 74 und 76, Figur 61. Nessus, die Dejanira raubend und Figur 63. Christus an der Martersäule (Textarchiv – Internet Archive). 
Normdaten (Person): GND: 118749234 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: no2003069707 | VIAF: 27866834 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Rauchmiller, Mathias
ALTERNATIVNAMEN Rauchmiller, Johann Mathias (vollständiger Name); Rauchmüller, Mathias
KURZBESCHREIBUNG deutscher Bildhauer, Freskant, Elfenbeinschnitzer und Baumeister
GEBURTSDATUM 11. Januar 1645
GEBURTSORT Radolfzell am Bodensee
STERBEDATUM 15. Februar 1686
STERBEORT Wien