Norbert Gugerbauer

Norbert Gugerbauer (* 11. Februar 1950 in Schwanenstadt) ist ein österreichischer Jurist und früherer Politiker der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ).

Er war von 1983 bis 1993 Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat und von 1989 bis 1992 Obmann des FPÖ-Parlamentsklubs.[1]

Jugend

Norbert Gugerbauer besuchte das Bundesrealgymnasium Vöcklabruck, wurde in der Oberstufe Chefredakteur der vom "UN-Europa-Club Vöcklabruck" herausgegebenen Schülerzeitung "Europaforum" und Landesobmann-Stellvertreter des "Bundes Europäischer Jugend" Oberösterreichs[2] (Landesobmann des BEJ OÖ war Christoph Leitl[3]). 1969 gewann Gugerbauer gegen starke Konkurrenz (etwa Jörg Haider) zunächst auf Landesebene, dann auch auf Bundesebene (etwa gegen den späteren Vorstandsvorsitzenden der Umdasch AG, Reinhold Süßenbacher) den von der Jugendsektion der Österreichischen Liga für die Vereinten Nationen ausgeschriebenen Redewettbewerb. Das Thema seiner Rede: "Europa - Realität oder Illusion?"[4]. Nach Matura und Wehrdienst (als Einjährig-Freiwilliger) studierte Gugerbauer an der Universität Wien Rechtswissenschaft, Geschichte und Philosophie. Im ersten Studienabschnitt wurde er von den Hörerinnen und Hörern der Juridischen Fakultät als einer der beiden studentischen Vertreter in die drittelparitätisch (Professoren / Mittelbau / Studenten) besetzte Studienkommission gewählt[5]. 1972 wurde Gugerbauer Vorsitzender des Rings Freiheitlicher Studenten (RFS) Wien und RFS-Fraktionsobmann im Zentralausschuss der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH), 1973 wurde er Stellvertretender Vorsitzender der Österreichischen Hochschülerschaft[6]. Mit Norbert Gugerbauer als Spitzenkandidat[7] erreichte der RFS 1974 bei der Wahl des österreichischen Studentenparlaments 20,89 Prozent der Stimmen und stellte nach der ÖVP-nahen ÖSU die zweitstärkste Fraktion im Zentralausschuss der ÖH[8] (zum Vergleich: bei den Nationalratswahlen 1975 kam die FPÖ auf 5,41 Prozent der Stimmen[9]). Als Mitglied der Akademischen Burschenschaft Oberösterreicher Germanen in Wien gehörte er 1974/75 der dreiköpfigen Vorsitzmannschaft der Deutschen Burschenschaft an.[10] 1975, im Rahmen des Festaktes im Hambacher Schloss anlässlich der vor 160 Jahren erfolgten Gründung der Burschenschaft, hielt Gugerbauer neben dem früheren Vizepräsidenten der Europäischen Gemeinschaft (EG[11]) Fritz Hellwig (Burschenschaft Rheinfranken Marburg) eine Ansprache[12]. Er forderte eine zeitgemäße Rückbesinnung auf das Erbe des Hambacher Festes 1832. 1977 wurde Gugerbauer an der Universität Wien zum Dr. jur. promoviert.

Berufliche Laufbahn

Gugerbauer war ab 1981 selbstständiger Rechtsanwalt in Schwanenstadt, verlegte den Sitz seiner Rechtsanwaltskanzlei 1995 nach Wien, wurde aber auch Mitglied der belgischen Rechtsanwaltskammer (Ordre des Avocats du Barreau de Bruxelles) und eröffnete in Brüssel eine zweite Rechtsanwaltskanzlei. Er vertrat Unternehmen in Kartellrechtssachen vor der Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission in Brüssel und dem Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg. Er erhielt Lehraufträge der Fachhochschule Management Center Innsbruck, der Universität Wien (Institut für Recht der Wirtschaft) und der Schweizer Universität St. Gallen und ist seit 2006 Honorar-Professor für Wettbewerbsrecht am Institut für Unternehmensrecht der Universität Linz.[13] Im Februar 2018 wurde er zum Mitglied im Aufsichtsrat der ÖBB-Holding AG[14], bestellt, jenes österreichischen Unternehmens, das damals mit den meisten Kartellrechtsverfahren konfrontiert war. Nach seinem Schlaganfall legte er sein Mandat mit 19. März 2018 wieder zurück.[15]

Politische Karriere

Seine politische Karriere begann Gugerbauer 1979 (bis 1986) als Mitglied des Gemeinderates und des Stadtrates von Schwanenstadt. Von 1983 bis 1993 war er Abgeordneter zum Nationalrat, davon Obmann des Klubs der Freiheitlichen Partei Österreichs von 1989 bis 1992. Bei der Kampfabstimmung am Innsbrucker Parteitag 1986 unterstützte er Jörg Haider gegen Norbert Steger. Bei der Nationalratswahl 1990 kandidierte er als freiheitlicher Spitzenkandidat. Im Laufe der Zeit entfernte er sich von Haider programmatisch, da er immer dem wirtschaftsliberalen Flügel zugerechnet wurde. Auch wurden ihm Ambitionen auf den FPÖ-Obmannposten nachgesagt. Als Jörg Haider den Wahlkampf von Heide Schmidt als FPÖ-Kandidatin zur Bundespräsidentenwahl 1992 zu boykottieren drohte, legte Gugerbauer alle seine politischen Funktionen und in der Folge auch sein Mandat als Abgeordneter zurück.

Weitere Parteifunktionen hatte er als Generalsekretär der FPÖ von 1986 bis 1988, als Stellvertretender Bundesparteiobmann der FPÖ von 1988 bis 1992 und als FPÖ-Landesparteiobmann von Oberösterreich 1989 bis 1992 inne.

Internetpionier

In den ersten Jahren des Internets, 1995, gründete Gugerbauer in Schwanenstadt die bONLINE GmbH, bald umfirmiert in JUSLINE GmbH. Über das Webportal jusline.at („Recht. Schnell“) waren erstmals Grundbuchs- und Firmenbuchauszüge online abrufbar, ergänzend wurden der Text der Mehrzahl der österreichischen Bundesgesetze, verbunden mit einer Kommentierfunktion, sowie interaktive Vertrags- und Briefmuster, Applikationen für die Berechnung von Gerichtsgebühren, Anwaltstarifen, Zinsen und Wertsicherung angeboten[16]. Dem Aufsichtsrat gehörten der Präsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder Mag. Klaus Hübner (Vorsitzender), der vormalige liberale deutsche Bundesjustizminister Dr. Edzard Schmidt-Jortzig und der Schweizer Universitätsprofessor Dr. Carl Baudenbacher (in der Folge Präsident des EFTA-Gerichtshofes in Luxemburg) an (FN 177071z des HG Wien). An dem StartUp beteiligte sich die ECOS Venture Capital Beteiligungs AG. 2015 verkaufte Gugerbauer die Rechte an der JUSLINE an die Advokat GmbH[17].

Privates

Anfang 2018 beendete ein Schlaganfall die Berufslaufbahn Gugerbauers, vom April 2019 bis September 2021 war gegen ihn ein Schuldenregulierungsverfahren anhängig (15 S 38/19h des BG Vöcklabruck); seine Pension wurde auf das Existenzminimum gepfändet.[18]

Norbert Gugerbauer ist verheiratet und hat drei Kinder.

Auszeichnungen

Schriften

Norbert Gugerbauer ist Autor zahlreicher Fachbücher zum österreichischen und europäischen Kartell- und Wettbewerbsrecht. Einige seiner wichtigsten Veröffentlichungen:

  • EWR-Kartellrecht, Wien 1993
  • Kommentar zum Kartellgesetz, Wien 1994
  • Handbuch der Fusionskontrolle, Wien 1995
  • Rechtsschutz im globalisierten Wirtschafts-Wettbewerb, Wien 2005
  • Kartellgesetz und Wettbewerbsgesetz, Kommentar, Wien 2017

Daneben verfasste Gugerbauer zahlreiche Aufsätze für juristische Fachzeitschriften, vgl. das Verzeichnis der Veröffentlichungen Gugerbauers von der Johannes Kepler Universität Linz[21] und den Katalog der Deutschen Nationalbibliothek[22].

Von 2007 bis 2018 war Gugerbauer gemeinsam mit dem Generaldirektor der Bundeswettbewerbsbehörde und dem Bundeskartellanwalt Herausgeber der Österreichischen Zeitschrift für Kartellrecht (ÖZK)[23], seit 2005 ist er Member Advisory Board of the European Competition Journal, London[24].

Weblinks

Belege

  1. Dr. Norbert Gugerbauer, Biografie. Abgerufen am 2. Juni 2021. 
  2. https://parlament.gv.at/person/628
  3. Leitl, Ich und Europa, Salzburg 2024, 30
  4. Der Soldat, Nr. 11, 8. Juni 1969, 3
  5. Der Ring, Wien, Nr. 3 / 1971, 2
  6. Tangente, Wien, Heft 33/33, Dezember 1977, IX
  7. Der Ring, Wien, Nr. 1/1974, 4
  8. KURIER, Wien, 19.1.1974, 4
  9. https://www.bmi.gv.at/Nationalratswahlen/Nationalratswahl_1975/start.aspx
  10. Aus dem burschenschaftlichen Leben. Die Sprecher der Deutschen Burschenschaft im Geschäftsjahr 1974/75 der Vorsitzenden Burschenschaft Oberösterreicher Germanen in Wien. In: Burschenschaftliche Blätter, 89. Jg. (1974), H. 6, 166 ff.
  11. Große-Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon, Bonn 2020
  12. Feierstunde auf dem Hambacher Schloß, in: Burschenschaftliche Blätter, 90. Jg., H 4, Juni 1975, 96 f.
  13. Norbert Gugerbauer. Abgerufen am 2. Juni 2021. 
  14. orf.at: ÖBB-Aufsichtsrat neu konstituiert. Artikel vom 28. Februar 2018, abgerufen am 28. Februar 2018
  15. ÖBB-Holding mit neuem Kontrollor. trend, Ausgabe 13/2018, Seite 9.
  16. Pressetext Austria über JUSLINE. Abgerufen am 2. April 2024. 
  17. JUSLINE. Abgerufen am 2. April 2024. 
  18. Haiders Weggefährte Norbert Gugerbauer ist pleite, abgerufen am 14. Mai 2019
  19. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF-Datei; 6,59 MB)
  20. Goldene Ehrenzeichen des Landes Oberösterreich. Abgerufen am 2. April 2024. 
  21. Verzeichnis der Veröffentlichungen durch die JKU. Abgerufen am 2. April 2024. 
  22. Katalog der Deutschen Nationalbibliothek. Abgerufen am 2. April 2024. 
  23. Österreichische Zeitschrift für Kartellrecht. Abgerufen am 2. April 2024. 
  24. European Competition Journal. Abgerufen am 2. April 2024. 
Klubobleute des FPÖ-Parlamentsklubs

Willfried Gredler (1956–1963) | Jörg Kandutsch (1963–1964) | Emil van Tongel (1964–1970) | Friedrich Peter (1970–1979) | Alexander Götz (1979) | Friedrich Peter (1979–1986) | Friedhelm Frischenschlager (1986) | Jörg Haider (1986–1989) | Norbert Gugerbauer (1989–1992) | Jörg Haider (1992–1999) | Herbert Scheibner (1999–2000) | Peter Westenthaler (2000–2002) | Karl Schweitzer (2002–2003) | Herbert Scheibner (2003–2006) | Heinz-Christian Strache (2006–2017) | Walter Rosenkranz (2017–2019) | Norbert Hofer (2019) | Herbert Kickl (seit 2019)

Normdaten (Person): GND: 112617077 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n90636394 | VIAF: 40034221 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Gugerbauer, Norbert
KURZBESCHREIBUNG österreichischer Rechtsanwalt und Politiker (FPÖ), Abgeordneter zum Nationalrat
GEBURTSDATUM 11. Februar 1950
GEBURTSORT Schwanenstadt