Péter Eötvös

Péter Eötvös (2018). Foto: Gáspár Stekovics

Péter Eötvös ['peːtɛr ˈøtvøʃ] (* 2. Januar 1944 in Odorheiu Secuiesc, ungarisch Székelyudvarhely, Siebenbürgen; † 24. März 2024[1] in Budapest[2]) war ein ungarischer Komponist und Dirigent.

Leben und Wirken

Eötvös wurde im ungarischsprachigen Szeklerland geboren, das seit dem Vertrag von Trianon 1920 zu Rumänien gehörte, nach dem Zweiten Wiener Schiedsspruch aber in den Jahren 1941 bis 1944 von Ungarn besetzt war. Sein Vater war damals dort als Soldat stationiert, seine Mutter war Pianistin und Musikpädagogin. Die Familie floh vor der vordringenden Front nach Dresden, kehrte aber bald nach Ungarn zurück.[3]

Er wurde im Alter von 14 Jahren von Zoltán Kodály an der Musikakademie Budapest aufgenommen, wo er von 1958 bis 1965 studierte. 1966 erhielt er ein Stipendium für ein Dirigierstudium an der Kölner Musikhochschule. Von 1968 bis 1976 schloss sich eine Zusammenarbeit mit dem Ensemble von Karlheinz Stockhausen an. Von 1971 bis 1979 war er Mitarbeiter am Studio für Elektronische Musik des WDR in Köln. Von 1979 bis 1991 war er auf Ruf von Pierre Boulez musikalischer Leiter des Ensemble intercontemporain. 1991 gründete er das Internationale Eötvös Institut für junge Dirigenten und Komponisten in Budapest. Zwischen 1992 und 1998 nahm er eine Lehrtätigkeit an der Karlsruher Musikhochschule wahr, die er 2002 bis 2007 wieder aufnahm.[4] Von 1998 bis 2001 war er Professor an der Kölner Musikhochschule. Zudem leitete er regelmäßig Meisterkurse und Seminare auf der ganzen Welt.

Als Dirigent wurde Péter Eötvös von folgenden Orchestern regelmäßig eingeladen:

Zudem dirigierte er an folgenden Opernhäusern:

Außerdem war er Erster Gastdirigent in folgenden Fällen:

Von 1994 bis 2004 war Péter Eötvös außerdem Chefdirigent des Radio Kammerorchesters in Hilversum.[5][4][6][7]

Werke (Auswahl)

Orchesterwerke

  • 1993: Psychokosmos. Uraufführung durch das RSO Stuttgart
  • 1995: Atlantis. Uraufführung durch das RSO Köln
  • 1998: Zwei Monologe für Bariton und Orchester aus Tri Sestri. Uraufführung durch das SWR-Sinfonieorchester
  • 1999: zeroPoints. Uraufführung durch das London Symphony Orchestra
  • 1999: Replica für Viola und Orchester. Uraufführung durch das London Symphony Orchestra
  • 2002: IMA. Uraufführung durch das WDR Sinfonieorchester Köln
  • 2003: Jet Stream. Uraufführung durch das BBC Symphony Orchestra London
  • 2006: Seven – Memorial for the Columbia Astronauts. Für Solovioline und Orchester
  • 2008: Konzert für zwei Klaviere und Orchester. Uraufführung durch das WDR Sinfonieorchester Köln.
  • 2011: Cello Concerto Grosso. Uraufführung durch die Berliner Philharmoniker
  • 2012: DoReMi für Violine und Orchester. Uraufführung durch das Orchester Los Angeles Philharmonic.
  • 2012: The Gliding of the Eagle in the Skies. Uraufführung durch das Euskadiko Orkestra.
  • 2013: Speaking Drums für Schlagzeug und Orchester. Uraufführung durch das Orchestre Philharmonique de Monte Carlo.
  • 2016: Alle vittime senza nome für Orchester. Uraufführung durch das Orchester des Teatro alla Scala Milano.
  • 2018: Reading Malevich für Orchester. Uraufführung durch das Orchester der Lucerne Festival Academy.

Ensemblewerke und Kammermusik

  • 1985–1990: Steine
  • 1990: Brass – The Musical Space Aktionsstück für sieben Blechbläser und zwei Schlagzeuger
  • 1992: Korrespondenz für Streichquartett
  • 1993: Triangel Musikalische Aktionen für einen kreativen Schlagzeuger und 27 Instrumente
  • 1993: Psalm 151 in memoriam Frank Zappa für Schlagzeug solo oder vier Schlagzeuger
  • 1996: Psychokosmos: PSY Trio (für Cimbalon, Flöte und Cello)
  • 1996: Shadows für Flöte, Klarinette und Kammerorchester
  • 2007: Octet für Bläser
  • 2007: Octet für Sopran und acht Bläser
  • 2010: Schiller: energische Schönheit, UA: 6. Mai 2011 Wittener Tage für neue Kammermusik 2011, Ensemble Modern, Schola Heidelberg
  • 2011: Herbsttag für Mädchenchor a cappella
  • 2014: da capo (Mit Fragmenten aus W. A. Mozarts Fragmenten) für Cimbalom oder Marimba und Ensemble
  • 2016: The Sirens Cycle für Koloratursopran und Streichquartett
  • 2018: Secret Kiss, Melodram für Sprecherin bzw. Sprecher, Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello und Schlagzeug

Solowerke

  • 1993: Psalm 151 in memoriam Frank Zappa für Schlagzeug solo
  • 1993/2001: Derwischtanz für Solo-Klarinette
  • 1998: zwei Gedichte für Polly für Cello solo
  • 2003: Erdenklavier – Himmelklavier für Klavier solo
  • 2011: Dances of the Brush-Footed Butterfly für Klavier solo

Opern

  • 1975: Radames, Kammeroper. Idee und Libretto von Peter Eötvös unter Verwendung von Texten von András Jeles, László Najmányi, Manfred Niehaus und Antonio Ghislanzoni. Uraufführung beim Musik-Theater Festival 1976 in Köln.
  • 1998: Harakiri Text: István Bálint
  • 1996: As I Crossed A Bridge Of Dreams Text: Libretto von Mari Mezei nach As I Crossed A Bridge of Dreams. Recollections of A Woman in the Eleventh-Century Japan in der engl. Übersetzung von Ivan Morris
  • 1996–1997: Tri sestri nach dem gleichnamigen Drama von Anton Tschechow
  • 2002: Le Balcon nach dem Schauspiel von Jean Genet, ein Auftragswerk des Festivals von Aix-en-Provence in Zusammenarbeit mit dem Théâtre du Capitole Toulouse, Uraufführung im Juli 2002 durch das Ensemble Intercontemporain im Rahmen des Festivals in Aix-en-Provence.
  • 2004: Angels in America nach dem gleichnamigen Schauspiel von Tony Kushner. Uraufführung im November 2004 in Paris, Théâtre du Châtelet.
  • 2008: Lady Sarashina basiert auf dem Sarashina Tagebuch aus dem 11. Jahrhundert (Japan, 1008). Uraufführung im März 2008 an der Opéra National de Lyon.
  • 2008: Love And Other Demons nach dem gleichnamigen Roman von Gabriel García Márquez. Uraufführung im August 2008 in Glyndebourne.
  • 2009: Die Tragödie des Teufels Komisch-utopische Oper in zwölf Bildern, Text von Albert Ostermaier. Uraufführung im Februar 2010 in München, Bayerische Staatsoper.
  • 2013: Paradise reloaded (Lilith), Text von Albert Ostermaier. Uraufführung im Oktober 2013 in Wien, Neue Oper Wien
  • 2014: Der goldene Drache, Libretto von Roland Schimmelpfennig nach dem gleichnamigen Theaterstück, eingerichtet von Peter Eötvös. Uraufführung am 29. Juni 2014 in Frankfurt am Main, Oper Frankfurt (Bockenheimer Depot)
  • 2015: Senza sangue, Text von Mari Mezei nach der gleichnamigen Novelle von Alessandro Baricco. Uraufführung am 1. Mai 2015 in der Philharmonie Köln.
  • 2021: Sleepless, Text von Mari Mezei nach Trilogie von Jon Fosse. Uraufführung am 28. November 2021 in der Staatsoper Unter den Linden Berlin.
  • 2023: Valuska, Text von Mari Mezei und Kinga Keszthelyi nach dem Roman Melancholie des Widerstands von László Krasznahorkai. Uraufführung am 2. Dezember 2023 in der Ungarischen Staatsoper Budapest; deutsche Erstaufführung (in deutscher Sprache) unter dem Titel Valuschka am 3. Februar 2024 am Theater Regensburg.[8]

Auszeichnungen

Literatur

  • „Meine Musik ist Theatermusik“. Péter Eötvös im Gespräch mit Martin Lorber. In: MusikTexte. Köln, 59 (1995), ISSN 0178-8884, S. 7–13.
  • Roche Commissions Péter Eötvös, hg. von Michael Kunkel, PFAU-Verlag, Friedberg 2018, ISBN 978-3-89727-547-8

Weblinks

Commons: Péter Eötvös – Sammlung von Bildern
  • Werke von und über Péter Eötvös im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Literatur über Péter Eötvös in der Bibliographie des Musikschrifttums
  • Homepage von Peter Eötvös
  • Kurzbiografie, Fotogalerie, aktuelle Aufführungen, Neuigkeiten zur Person, Werke, Diskografie, Hörbeispiele (Schott)
  • Biographie, Werke (Ricordi)
  • Dieser eine Moment – Eötvös-Porträt in Die Zeit (Memento vom 6. Dezember 2004 im Internet Archive), 2. Dezember 2004
  • Komponist, Dirigent und Psychoanalytiker – Peter Eötvös zum 70. – Eötvös-Porträt in der FAZ (Memento vom 3. Januar 2014 im Internet Archive), 2. Januar 2014
  • Reise durch die Literaturen der Welt. Der Opern-Komponist Peter Eötvös – Eötvös-Porträt in Oper & Tanz
  • WDR 3 (Westdeutscher Rundfunk) Der Komponist Peter Eötvös im Samstagsgespräch vom 31. Oktober 2015: Auf neuen Wegen (Memento vom 12. Dezember 2015 im Internet Archive)
  • SRF Kultur-Aktualität vom 25. März 2024: Komponist und Dirigent Peter Eötvös ist gestorben
  • Musik in Dresden Allgemein Features vom 26. März 2024: Der Dirigent und Komponist Péter Eötvös ist mit 80 Jahren verstorben. Sein musikalisches Schaffen ist auch in Dresden und Chemnitz sehr präsent, von Michael Ernst

Einzelnachweise

  1. Kristin Amme: Zum Tod von Péter Eötvös: Drei Leben in einem. In: BR-Klassik. 24. März 2024, abgerufen am 24. März 2024. 
  2. Ungarischer Komponist Peter Eötvös 80-jährig gestorben. In: ORF. 24. März 2024, abgerufen am 24. März 2024. 
  3. Artikel im Munzinger-Archiv, Internationales Biographisches Archiv 49/2018 vom 4. Dezember 2018, online.
  4. a b adk.de. Abgerufen am 19. Juni 2014. 
  5. ricordi.de. Abgerufen am 19. Juni 2014. 
  6. sadk.de. Abgerufen am 19. Juni 2014. 
  7. ksta.de. Abgerufen am 24. März 2024. 
  8. Poet unter Proleten. OPER!, 6. Februar 2024, abgerufen am 7. Februar 2024. 
  9. Péter Eötvös bei Schott Music, abgerufen am 15. Juni 2020.
  10. Péter Eötvös bei Schott Music, abgerufen am 15. Juni 2020.
Preisträger des Frankfurter Musikpreises

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Normdaten (Person): GND: 123561949 (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n84181304 | VIAF: 42025155 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Eötvös, Péter
KURZBESCHREIBUNG ungarischer Komponist und Dirigent
GEBURTSDATUM 2. Januar 1944
GEBURTSORT Székelyudvarhely, Siebenbürgen heute Odorheiu Secuiesc
STERBEDATUM 24. März 2024
STERBEORT Budapest