Wiener-Filter

Das Wiener-Filter oder auch Wiener-Kolmogoroff-Filter ist ein Filter zur Signalverarbeitung, welches in den 1940er Jahren von Norbert Wiener und Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow unabhängig voneinander entwickelt[1] und 1949 durch Norbert Wiener publiziert wurde.[2] Es führt, gemessen an der mittleren quadratischen Abweichung, eine optimale Rauschunterdrückung durch.[2]

Anwendung des Wiener-Filters zur Rauschunterdrückung. (links: Original, Mitte: verrauschtes Bild, rechts: gefiltertes Bild)

Eigenschaften

Das Wiener-Filter wird durch die folgenden Eigenschaften beschrieben:[3]

  1. Voraussetzung: Das Signal und das additive Rauschen gleichen stochastischen Prozessen mit bekannter Spektralverteilung oder bekannter Autokorrelation und Kreuzkorrelation
  2. Fehlerkriterium: Minimale mittlere quadratische Abweichung

Modelleigenschaften

Als Eingangssignal des Wiener-Filters wird ein Signal s ( t ) {\displaystyle s\left(t\right)} gestört durch ein additives Rauschen n ( t ) {\displaystyle n\left(t\right)} vorausgesetzt:

y ( t ) = s ( t ) + n ( t ) . {\displaystyle y(t)=s(t)+n(t).}

Das Ausgangssignal x ( t ) {\displaystyle x\left(t\right)} ergibt sich durch die Faltung des Eingangssignals mit der Filterfunktion g ( τ ) {\displaystyle g\left(\tau \right)} :

x ( t ) = g ( τ ) y ( t ) = g ( τ ) ( s ( t ) + n ( t ) ) . {\displaystyle x(t)=g(\tau )*y(t)=g(\tau )*\left(s(t)+n(t)\right).}

Fehler e ( t ) = s ( t + d ) x ( t ) {\displaystyle e(t)=s\left(t+d\right)-x(t)} und quadratischer Fehler e 2 ( t ) = s 2 ( t + d ) 2 s ( t + d ) x ( t ) + x 2 ( t ) {\displaystyle e^{2}(t)=s^{2}\left(t+d\right)-2s(t+d)x(t)+x^{2}(t)} ergeben sich aus der Abweichung des Ausgangssignals vom zeitversetzten Eingangssignal s ( t + d ) . {\displaystyle s\left(t+d\right).} Abhängig von dem Wert d des Zeitversatzes können unterschiedliche Problemstellungen betrachtet werden:

  • Für d > 0 {\displaystyle \left.d>0\right.}  : Prädiktion
  • Für d = 0 {\displaystyle \left.d=0\right.}  : Filterung
  • Für d < 0 {\displaystyle \left.d<0\right.}  : Glättung

Stellt man x ( t ) {\displaystyle x\left(t\right)} als Faltungsintegral dar:

x ( t ) = g ( τ ) [ s ( t τ ) + n ( t τ ) ] d τ , {\displaystyle x(t)=\int \limits _{-\infty }^{\infty }{g(\tau )\left[s(t-\tau )+n(t-\tau )\right]d\tau },}

so ergibt sich der Erwartungswert des quadratischen Fehlers zu:

E ( e 2 ) = R s ( 0 ) 2 g ( τ ) R y s ( τ + d ) d τ + g ( τ ) g ( θ ) R y ( τ θ ) d τ d θ , {\displaystyle E(e^{2})=R_{s}(0)-2\int \limits _{-\infty }^{\infty }{g(\tau )R_{y\,s}(\tau +d)d\tau }+\int \limits _{-\infty }^{\infty }{\int \limits _{-\infty }^{\infty }{g(\tau )g(\theta )R_{y}(\tau -\theta )d\tau }d\theta },}

wobei

  • R s {\displaystyle R_{s}} die Autokorrelation der Funktion s ( t ) , {\displaystyle \left.s(t)\right.,}
  • R y {\displaystyle R_{y}} die Autokorrelation der Funktion y ( t ) , {\displaystyle \left.y(t)\right.,}
  • R y s {\displaystyle R_{y\,s}} die Kreuzkorrelation der Funktionen y ( t ) {\displaystyle \left.y(t)\right.} und s ( t ) {\displaystyle \left.s(t)\right.} sind.

Wenn das Signal s ( t ) {\displaystyle s\left(t\right)} und das Rauschen n ( t ) {\displaystyle n\left(t\right)} unkorreliert sind (und damit die Kreuzkorrelation gleich Null ist), ergeben sich folgende Vereinfachungen

  • R y s = R s , {\displaystyle R_{y\,s}=R_{s},}
  • R y = R s + R n . {\displaystyle R_{y}=R_{s}+R_{n}.}

Das Ziel ist es nun, E ( e 2 ) {\displaystyle \left.E(e^{2})\right.} durch Bestimmung eines optimalen g ( τ ) {\displaystyle g\left(\tau \right)} zu minimieren.

Stationäre Lösungen

Das Wiener-Filter hat jeweils eine Lösung für den kausalen und den nicht-kausalen Fall.

Nicht-kausale Lösung

G ( s ) = S x , s ( s ) e α s S x ( s ) , {\displaystyle G(s)={\frac {S_{x,s}(s)e^{\alpha s}}{S_{x}(s)}},}

wobei S x , s ( s ) {\displaystyle S_{x,s}(s)} und S x ( s ) {\displaystyle S_{x}(s)} jeweils die Spektrale Leistungsdichte als Laplacetransformation der Kreuz- bzw. der Autokorrelation R x s {\displaystyle R_{x\,s}} und R x {\displaystyle R_{x}} ist.

Unter der Voraussetzung, dass g ( t ) {\displaystyle g\left(t\right)} optimal ist, vereinfacht sich die Gleichung, die das Minimum der mittleren quadratischen Abweichung (Minimum Mean-Square Error, MMSE) beschreibt, zu

E ( e 2 ) = R s ( 0 ) g ( τ ) R x , s ( τ + d ) d τ . {\displaystyle E(e^{2})=R_{s}(0)-\int \limits _{-\infty }^{\infty }{g(\tau )R_{x,s}(\tau +d)d\tau }.}

Die Lösung g ( t ) {\displaystyle g\left(t\right)} ist die inverse beidseitige Laplacetransformation von G ( s ) {\displaystyle \left.G(s)\right.} .

Kausale Lösung

G ( s ) = H ( s ) S x + ( s ) {\displaystyle G(s)={\frac {H(s)}{S_{x}^{+}(s)}}}

Wobei

  • H ( s ) {\displaystyle \left.H(s)\right.} die positive Lösung der inversen Laplace-Transformation von S x , s ( s ) e α s S x ( s ) {\displaystyle {\frac {S_{x,s}(s)e^{\alpha s}}{S_{x}^{-}(s)}}} ,
  • S x + ( s ) {\displaystyle S_{x}^{+}(s)} die positive Lösung der inversen Laplace-Transformation von S x ( s ) {\displaystyle \left.S_{x}(s)\right.} und
  • S x ( s ) {\displaystyle S_{x}^{-}(s)} die negative Lösung der inversen Laplace-Transformation von S x ( s ) {\displaystyle \left.S_{x}(s)\right.} ist.

Siehe auch

  • Kalman-Filter
  • Wiener-Dekonvolution

Einzelnachweise

  1. Kristian Kroschel: Statistische Nachrichtentheorie. Signal- und Mustererkennung, Parameter- und Signalschätzung. 3., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Springer, Berlin u. a. 1996, ISBN 3-540-61306-4.
  2. a b Norbert Wiener: Extrapolation, Interpolation, and Smoothing of Stationary Time Series. Wiley, New York NY 1949.
  3. Robert Grover Brown, Patrick Y. C. Hwang: Introduction to Random Signals and Applied Kalman Filtering. With MATLAB exercises and solutions. 3. Auflage. Wiley u. a., New York NY 1996, ISBN 0-471-12839-2.