Die Grube und das Pendel

Die Grube und das Pendel, Illustration von Harry Clarke, 1919

Die Grube und das Pendel (auch: Grube und Pendel und Der Brunnen und das Pendel; englisch The pit and the pendulum) ist eine Kurzgeschichte, die von Edgar Allan Poe im Jahre 1842 verfasst und 1843 in The Gift[1] veröffentlicht wurde. Sie handelt von den Qualen, die ein Gefangener der spanischen Inquisition ertragen musste, wobei Poe historische Fakten im Sinne der „Schwarzen Legende“ modifizierte.

Die Geschichte ist im Stil der Horrorliteratur geschrieben und ist dazu geeignet, den Leser in Angst und Schrecken zu versetzen.

Inhalt

Die Erzählung beginnt mit einem Gerichtsprozess im spanischen Toledo zu Zeiten der spanischen Inquisition. Der Ich-Erzähler (zugleich die Hauptfigur), an dessen Gedanken der Leser teilhat, wird zum Tode verurteilt und fällt daraufhin in Ohnmacht. Nach unbestimmter Zeit erwacht er, auf einem feuchten Steinboden liegend, in einem zunächst völlig dunklen Raum. Nach einiger Zeit im Dämmerzustand, in der der Protagonist sich zwischenzeitlich sogar bereits tot wähnt, mutmaßt er, dass er in einem Verlies tief in den Katakomben Toledos seiner Hinrichtung harren muss, wenn es nicht gar zu seinem Grab wird. Nach einiger Zeit versucht er sich zu orientieren: Er tastet sich an den kalten, glatten Steinmauern seines Gefängnisses entlang, bis er zu seinem Anfangspunkt zurückkehrt und schätzt den Gesamtumfang des stark verwinkelten Raums auf 50 Yards. Anschließend versucht er, den Raum zu durchqueren. Dabei stolpert er und fällt längs mit dem Gesicht voran auf den Boden. Da nur das Kinn, nicht aber Lippen oder Stirn den Boden berührt, vermutet er, dass sich in der Raummitte ein senkrecht in die Tiefe führender Schacht befindet. Mit Hilfe eines Steins, den er in den runden Schacht fallen lässt, versucht er, dessen Tiefe zu ergründen. Es stellt sich heraus, dass sich weit unter ihm am Grund des Schachts Wasser befindet, und der Protagonist erkennt, dass er durch sein Stolpern gerade noch dem Tod durch Sturz in diesen Brunnen entkommen ist.

Nach kurzer Stärkung mit etwas Brot und Wasser schläft er ein und bemerkt nach dem Erwachen, dass er sich in der Größe seiner Zelle geirrt haben muss: Ihr Umfang beträgt nur noch 25 Yards, der Grundriss ist ein Viereck. Zudem hat man ihn während des Schlafes festgebunden. Nachdem sich die Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, zeichnet sich in der Decke eine Struktur ab, die der Ich-Erzähler als Pendel identifiziert. Die Höhe der Decke schätzt er auf 30 bis 40 Fuß. Ratten tauchen auf, von Fleisch angelockt, das ihm zum Essen in den Kerker gereicht wurde. Wenig später bemerkt er, dass die Decke doch nicht so hoch zu sein scheint, wie anfangs geglaubt. Das offenbar metallene Pendel scheint sehr groß und schwer zu sein.

Der Erzähler erkennt nun, dass man augenscheinlich einen anderen Weg sucht, um seinem Leben ein Ende zu setzen: In den folgenden Tagen wird deutlich, dass das Pendel, das nun als scharfe, halbmondförmige Klinge erkennbar ist, sich in schwingenden Bewegungen immer weiter herabsenkt, bis schließlich sogar der Geruch seines Stahls wahrnehmbar ist. Der Erzähler befürchtet, vom Pendel früher oder später durchtrennt zu werden. Im letzten Moment kommt ihm die rettende Idee: Er reibt seine Fesseln mit den spärlichen Resten seiner Mahlzeit ein, die die Ratten noch nicht aufgefressen hatten. Nach einer kurzen Schrecksekunde fallen sie über ihn her und nagen an seinen Fesseln, bis diese schließlich nachgeben und sich der Protagonist in letzter Sekunde befreien kann. Das Pendel hat zu diesem Zeitpunkt bereits seine Kleidung auf Höhe seiner Brust zerschnitten.

Das Pendel wird daraufhin wieder nach oben gezogen, und ein schmaler Spalt, durch den Licht ins Innere der Kammer dringt, erscheint. Die Wände der Zelle beginnen plötzlich „wie tausend Augen“ rötlich aufzuglühen. Schnell wird dem Häftling klar, dass man versucht, ihn durch Gluthitze zu töten. Die Wände beginnen, sich aufeinander zu zu bewegen und den Raum zu verengen. Seine Peiniger versuchen, den Erzähler in Richtung Brunnen zu treiben, um ihn dort hineinzustürzen und so die Hinrichtung endlich zu vollziehen. Doch plötzlich weichen die Wände zurück und der Protagonist wird von einem Arm gepackt. Es ist der Arm des Generals Lasalle. Die Geschichte endet mit den Worten: „Die französische Armee war in Toledo eingezogen. Die Inquisition befand sich in den Händen ihrer Feinde.“

Zeit und Ort

Die Geschichte spielt in Toledo zur Zeit der Besetzung durch die Truppen Napoléon Bonapartes, 1808, während der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel. Der General Lasalle ist vermutlich Antoine Charles Louis Lasalle.

Deutsche Übersetzungen (Auswahl)

  • 1861: unbekannter Übersetzer: Der Abgrund und der Pendel. Scheible, Stuttgart.
  • 1901: Hedda Moeller und Hedwig Lachmann: Die Foltern. J.C.C. Bruns, Minden.
  • 1922: M. Bretschneider: Die Grube und das Pendel. Rösl & Cie. Verlag, München.
  • 1922: Gisela Etzel: Wassergrube und Pendel. Propyläen, München.
  • 1923: Wilhelm Cremer: Die Grube und der Pendel. Verlag der Schiller-Buchhandlung, Berlin.
  • ca. 1925: Bernhard Bernson: Die Folter. Josef Singer Verlag, Straßburg.
  • 1925: unbekannter Übersetzer: Die Grube und der Pendel. Mieth, Berlin.
  • ca. 1930: unbekannter Übersetzer: Die Foltern. Fikentscher, Leipzig.
  • 1945: Marlies Wettstein: Das Pendel. Artemis, Zürich.
  • 1953: Elisabeth Seidel: Grube und Pendel. Dietrich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig.
  • 1959: Fanny Fitting, Walter Hess: Der Brunnen und das Pendel. In: Mord in der Rue Morgue – Geschichten zwischen Tag, Traum und Tod. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 1959; auch in: Jutta Schmidt-Walk (Hrsg.): Das Rowohlt GRUSEL Lesebuch. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1983, ISBN 3-499-15206-1, S. 7–24.
  • 1966: Hans Wollschläger: Grube und Pendel. Walter Verlag, Freiburg i. Br.
  • 1989: Otto Weith: Grube und Pendel. Reclams Universal-Bibliothek, Stuttgart.

Verfilmung und Zitate

Die Geschichte erlebte mehrere Verfilmungen, so etwa:

Tuomas Holopainen von der Band Nightwish ließ sich beim Schreiben des Songs The Poet and The Pendulum von dieser Geschichte inspirieren. Auch das Pendel, das auf dem Cover des Albums Dark Passion Play zu sehen ist, ähnelt dem von Edgar Allan Poe beschriebenen sehr.

Bereits zuvor verwendete die deutsche Band Rage die Geschichte als Thematik für einen Song, der nach dem Originaltitel The Pit and the Pendulum hieß und 1993 auf dem Album The Missing Link erschien.

Weblinks

Wikisource: The Works of the Late Edgar Allan Poe/Volume 1/The Pit and the Pendulum – Quellen und Volltexte (englisch)
  • Die Grube und das Pendel bei Zeno.org., deutsche Übersetzung.
  • Deutsche Übersetzung: Die Foltern von Hedda Eulenberg bei Haus Freiheit (PDF-Datei; 280 kB)
  • Wassergrube und Pendel als kostenloses Hörbuch

Einzelnachweise

  1. Jutta Schmidt-Walk (Hrsg.): Das Rowohlt GRUSEL Lesebuch. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1983, ISBN 3-499-15206-1, S. 316.
Gedichte

Tamerlane (1827) • Song (1827) • Dreams (1827) • Spirits of the Dead (1827) • Evening Star (1827) • Imitation (1827) • Stanzas (1827) • A Dream (1827) • The Happiest Day (1827) • The Lake (1827) • Sonnet—To Science (1829) • Al Aaraaf (1829) • Romance (1829) • To — — (1829) • To The River — (1829) • To M— (1829) • Fairy-Land (1829) • To Helen (1831) • Israfel (1831) • Die Schlafende (1831) • The Valley of Unrest (1831) • The City in the Sea (1831) • Enigma (1833) • Serenade (1833) • To — (Sleep On) (1833) • Fanny (1833) • The Coliseum (1833) • To One in Paradise (1834) • To Elizabeth (1835) • To Mary (1835) • Bridal Ballad (1837) • To Zante (1837) • The Haunted Palace (1839) • Sonnet — Silence (1840) • Der Erobererwurm (1843) • Lenore (1843) • Dream-Land (1844) • Eulalie (1845) • Der Rabe (1845) • Impromptu. To Kate Carol (1845) • To — (1845) • The Divine Right of Kings (1845) • Stanzas (1845) (1845) • A Valentine (1846) • To M. L. S— (1847) • Ulalume (1847) • To Marie Louise (1848) • An Enigma (1848) • The Bells (1849) • A Dream Within a Dream (1849) • For Annie (1849) • Eldorado (1849) • To my Mother (1849) • Annabel Lee (1849) • O, Tempora! O, Mores! (1868) • Alone (1875)

Gedichtbände

Tamerlane and Other Poems (1827) • Al Aaraaf, Tamerlane and Minor Poems (1829) • Poems (1831) • The Raven and Other Poems (1845)

Geschichten

Metzengerstein (1832)  • The Duc de L’Omelette (1832) • A Tale of Jerusalem (1832) • Loss of Breath (1832) • Bon-Bon (1832) • MS. Found in a Bottle (1833) • Die Verabredung (1834) • Berenice (1835) • Morella (1835) • Lionizing (1835) • The Unparalleled Adventure of One Hans Pfaall (1835) • König Pest (1835) • Shadow – A Parable (1835) • Four Beasts in One – The Homo-Cameleopard (1836) • Mystification (1837) • Silence – A Fable (1837) • Ligeia (1838) • How to Write a Blackwood Article (1838) • A Predicament (1838) • The Devil in the Belfry (1839) • The Man That Was Used Up (1839) • Der Untergang des Hauses Usher (1839) • William Wilson (1839) • The Conversation of Eiros and Charmion (1839) • Why the Little Frenchman Wears His Hand in a Sling (1840) • The Business Man (1840) • Der Mann der Menge (1840) • Der Doppelmord in der Rue Morgue (1841) • A Descent into the Maelström (1841) • The Island of the Fay (1841) • The Colloquy of Monos and Una (1841) • Never Bet the Devil Your Head (1841) • Eleonora (1841) • Drei Sonntage in einer Woche (1841) • Das ovale Porträt (1842) • Die Maske des Roten Todes (1842) • The Landscape Garden (1842) • Das Geheimnis der Marie Rogêt (1842) • Die Grube und das Pendel (1842) • Das verräterische Herz (1843) • Der Goldkäfer (1843) • Der schwarze Kater (1843) • Diddling (1843) • The Spectacles (1844) • A Tale of the Ragged Mountains (1844) • The Premature Burial (1844) • Mesmerische Offenbarung (1844) • Die längliche Kiste (1844) • The Angel of the Odd (1844) • Thou Art the Man (1844) • The Literary Life of Thingum Bob, Esq. (1844) • Der entwendete Brief (1844) • The Thousand-and-Second Tale of Scheherazade (1845) • Some Words with a Mummy (1845) • The Power of Words (1845) • The Imp of the Perverse (1845) • The System of Doctor Tarr and Professor Fether (1845) • Die Tatsachen im Fall Waldemar (1845) • Die Sphinx (1846) • Das Fass Amontillado (1846) • The Domain of Arnheim (1847) • Mellonta Tauta (1849) • Hopp-Frosch (1849) • Von Kempelen and His Discovery (1849) • X-ing a Paragrab (1849) • Landor’s Cottage (1849)

Andere Werke

Maelzel’s Chess Player (1836) • The Daguerreotype (1840) • The Philosophy of Furniture (1840) • A Few Words on Secret Writing (1841) • The Rationale of Verse (1843) • Morning on the Wissahiccon (1844) • Old English Poetry (1845) • Die Philosophie der Komposition (1846) • Das poetische Prinzip (1846) • Heureka (1848) • The Balloon-Hoax (1844) • The Narrative of Arthur Gordon Pym of Nantucket (1838) • Das Tagebuch des Julius Rodman (1840) • Politian (1835) • The Conchologist’s First Book (1839) • Der Leuchtturm (1849)