Hopp-Frosch

Illustration zu Poes Hop-Frog von Arthur Rackham, 1935
La Vengeance de Hop-Frog, James Ensor, 1896

Hopp-Frosch (im Original Hop-Frog; Or, the Eight Chained Ourangoutangs) ist eine am 17. März 1849 in The Flag of Our Union erstmals erschienene Erzählung von Edgar Allan Poe, die von der makabren Rache zweier Benachteiligter handelt.

Handlung

Ein General schenkt seinem König einen Zwerg, der aus „irgendeiner barbarischen Region“ stammt, „von der noch nie ein Mensch zuvor vernommen hatte“. Der Zwerg kann sich auf seinen schwächlichen Beinen nur so schwerfällig fortbewegen, dass die sieben Minister des Königs ihm den Spitznamen Hopp-Frosch beilegen. Wie zum Ausgleich hat Hopp-Frosch aber äußerst kraftvolle Arme. Zum Geschenk des Generals gehörte auch ein Mädchen mit Namen Tripetta. Es stammt aus demselben unbekannten Land, ist auch zierlich, aber anmutig, kann tanzen und wird von allen verhätschelt. Verbunden durch die gemeinsame Herkunft und ihre Kleinheit, freunden sich Hopp-Frosch und Tripetta miteinander an. Der König, ebenso beleibt wie seine fetten sieben Ratgeber, liebt derbe Scherze und macht Hopp-Frosch zu seinem Narren. Als ein Maskenball bevorsteht, soll Hopp-Frosch ihm und seinen sieben Ratgebern eine noch nie dagewesene Maskierung empfehlen. Als Hopp-Frosch nichts einfällt, zwingt der König den Widerwilligen zu trinken. Als er ihm noch ein zweites volles Weinglas aufzwingen will, bittet Tripetta demütig, ihrem Freund, der den Wein nicht verträgt, die Qual zu ersparen. Wütend über ihre Anmaßung, schüttet der König ihr den Wein ins Gesicht. Jetzt endlich fällt Hopp-Frosch ein, wie sich die acht Würdenträger maskieren können: Als Orang-Utans! Die Aussicht, damit großen Schrecken, vor allem bei den Damen, zu erzeugen, begeistert die Minister. Sie lassen sich Trikots überziehen, die mit Teer bestrichen werden, darauf wird Werg geklebt. Dann bindet Hopp-Frosch sie mit einer Kette im Kreis zusammen, fügt aber zwei Ketten hinzu, die den Kreis rechtwinklig schneiden. Im Festsaal ist der große Kronleuchter aus der Kuppel entfernt worden, nicht aber die Kette, an der er hing. Als der König und seine Minister nun zum großen Schrecken des Publikums in ihrer Verkleidung auftreten, befestigt Hopp-Frosch das Kettenkreuz unversehens am Haken der Kronleuchterkette, die über das Dach durch ein Gegengewicht beweglich ist. Hopp-Frosch lässt die acht Maskierten hoch empor ziehen, besorgt sich eine Fackel, springt mit hinauf und zündet das Bündel der Hängenden an, die schnell in hellen Flammen stehen und verbrennen. Hopp-Frosch entkommt über das Dach; weder er noch Tripetta werden je wieder gesehen.

Die Inhaltsangabe beruht auf der Übersetzung von Hans Wollschläger.

Deutung

Hervey Allen deutete die Erzählung als Allegorie: Dichterische Erfindungskraft (Hopp-Frosch) und Phantasie (Tripetta) verbünden sich gegen die Prosaik des Alltags und des Geldverdienenmüssens (der König und seine Minister).[1] Marie Bonaparte sieht den kleinen Ödipus am Werk, der seinen (Zieh)Vater tötet, in Tripetta erblickt sie die sylphidenhafte Inkarnation von Poes früh gestorbener Mutter.[2] Die exotische Herkunft von Hopp-Frosch und Tripetta verweist auch auf eine Struktur, in der die versklavten Kolonisierten gegen ihre anmaßenden Herren zurückschlagen.

Entstehung

Die Erzählung ist angeregt durch den von Jean Froissart berichteten Bal des Ardents. Freilich fangen dort die Maskierten nur durch Zufall Feuer. Poe schrieb im Februar 1849 an Annie Richmond: „Die fünf Seiten Prosa, die ich gestern beendet habe, heißen – was glauben Sie? – Ich bin sicher, dass Sie es nie erraten werden – ‚Hopp-Frosch’! Stellen Sie sich vor, dass Ihr Eddy eine Geschichte schreibt, die einen solchen Titel hat: ‚Hopp-Frosch’! Sie werden nach dem Titel, dessen bin ich sicher, niemals das fürchterliche Sujet erraten.“[3] Hopp-Frosch verabschiedet sich von seinem Publikum mit den Worten: „Was mich betrifft, so bin ich einfach bloß Hopp-Frosch, der Spaßmacher – und dies ist mein letzter Spaß.“ Acht Monate, nachdem Poe dies geschrieben hatte, starb er. Die Erzählung kann deshalb auch als Abschied und Vermächtnis des Dichters gelesen werden vergleichbar mit Shakespeares Romanze Der Sturm.

Deutsche Übersetzungen (Auswahl)

  • 1861: unbekannter Übersetzer: Hüpffrosch. Scheible, Stuttgart.
  • um 1900: Johanna Möllenhoff: Die schwarze Katze. Reclams Universal-Bibliothek, Leipzig.
  • 1901: Hedda Moeller und Hedwig Lachmann: Froschhüpfer. J.C.C. Bruns, Minden.
  • 1909: Bodo Wildberg: Poggehupp. Buchverlag für das Deutsche Haus, Berlin.
  • ca. 1920: Carl Wilhelm Neumann: Huppefrosch. Reclams Universal-Bibliothek, Leipzig.
  • 1922: M. Bretschneider: Der Froschhüpfer. Rösl & Cie. Verlag, München.
  • 1922: Gisela Etzel: Hopp-Frosch. Propyläen, München.
  • 1923: Wilhelm Cremer: Die Rache des Zwerges. Verlag der Schiller-Buchhandlung, Berlin.
  • ca. 1925: Bernhard Bernson: Hopp-Frosch. Josef Singer Verlag, Straßburg.
  • ca. 1930: unbekannter Übersetzer: Froschhüpfer. Fikentscher, Leipzig.
  • 1945: Marlies Wettstein: Hoppefrosch. Artemis, Zürich.
  • 1953: Günther Steinig: Hüpffrosch. Dietrich’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig.
  • 1966: Hans Wollschläger: Hopp-Frosch. Walter Verlag, Freiburg i. Br.
  • 1989: Erika Engelmann: Froschhüpfer. Reclams Universal-Bibliothek, Stuttgart.
  • 1989: Heide Steiner: Hopp-Frosch. Insel-Verlag, Leipzig.

Weblinks

  • Englischer Originaltext
  • deutsche Übersetzung bei Gutenberg
  • Hopp-Frosch bei Zeno.org.
  • „Huppefrosch“, illustrierte Adaption von Stefan Mart, in: Märchen der Völker, Hamburg 1932

Einzelnachweise

  1. Vgl. Hervey Allen: Israfel: The Life and Times of Edgar Allan Poe. New York 1934 (Neuauflage 2007), S. 513. Siehe auch Ronald Gottesman: ‘Hop-Frog’ and the American Nightmare,’ Masques, Mysteries and Mastodons. In: Benjamin F. Fisher: A Poe Miscellany. The Edgar Allan Poe Society, Inc., Baltimore 2006, S. 133–144, hier S. 136 f., online.
  2. Marie Bonaparte: Edgar Poe. Band III. Wien 1934, S. 40–46.
  3. Marie Bonaparte: Edgar Poe. Band III. Wien 1934, S. 40.
Gedichte

Tamerlane (1827) • Song (1827) • Dreams (1827) • Spirits of the Dead (1827) • Evening Star (1827) • Imitation (1827) • Stanzas (1827) • A Dream (1827) • The Happiest Day (1827) • The Lake (1827) • Sonnet—To Science (1829) • Al Aaraaf (1829) • Romance (1829) • To — — (1829) • To The River — (1829) • To M— (1829) • Fairy-Land (1829) • To Helen (1831) • Israfel (1831) • Die Schlafende (1831) • The Valley of Unrest (1831) • The City in the Sea (1831) • Enigma (1833) • Serenade (1833) • To — (Sleep On) (1833) • Fanny (1833) • The Coliseum (1833) • To One in Paradise (1834) • To Elizabeth (1835) • To Mary (1835) • Bridal Ballad (1837) • To Zante (1837) • The Haunted Palace (1839) • Sonnet — Silence (1840) • Der Erobererwurm (1843) • Lenore (1843) • Dream-Land (1844) • Eulalie (1845) • Der Rabe (1845) • Impromptu. To Kate Carol (1845) • To — (1845) • The Divine Right of Kings (1845) • Stanzas (1845) (1845) • A Valentine (1846) • To M. L. S— (1847) • Ulalume (1847) • To Marie Louise (1848) • An Enigma (1848) • The Bells (1849) • A Dream Within a Dream (1849) • For Annie (1849) • Eldorado (1849) • To my Mother (1849) • Annabel Lee (1849) • O, Tempora! O, Mores! (1868) • Alone (1875)

Gedichtbände

Tamerlane and Other Poems (1827) • Al Aaraaf, Tamerlane and Minor Poems (1829) • Poems (1831) • The Raven and Other Poems (1845)

Geschichten

Metzengerstein (1832)  • The Duc de L’Omelette (1832) • A Tale of Jerusalem (1832) • Loss of Breath (1832) • Bon-Bon (1832) • MS. Found in a Bottle (1833) • Die Verabredung (1834) • Berenice (1835) • Morella (1835) • Lionizing (1835) • The Unparalleled Adventure of One Hans Pfaall (1835) • König Pest (1835) • Shadow – A Parable (1835) • Four Beasts in One – The Homo-Cameleopard (1836) • Mystification (1837) • Silence – A Fable (1837) • Ligeia (1838) • How to Write a Blackwood Article (1838) • A Predicament (1838) • The Devil in the Belfry (1839) • The Man That Was Used Up (1839) • Der Untergang des Hauses Usher (1839) • William Wilson (1839) • The Conversation of Eiros and Charmion (1839) • Why the Little Frenchman Wears His Hand in a Sling (1840) • The Business Man (1840) • Der Mann der Menge (1840) • Der Doppelmord in der Rue Morgue (1841) • A Descent into the Maelström (1841) • The Island of the Fay (1841) • The Colloquy of Monos and Una (1841) • Never Bet the Devil Your Head (1841) • Eleonora (1841) • Drei Sonntage in einer Woche (1841) • Das ovale Porträt (1842) • Die Maske des Roten Todes (1842) • The Landscape Garden (1842) • Das Geheimnis der Marie Rogêt (1842) • Die Grube und das Pendel (1842) • Das verräterische Herz (1843) • Der Goldkäfer (1843) • Der schwarze Kater (1843) • Diddling (1843) • The Spectacles (1844) • A Tale of the Ragged Mountains (1844) • The Premature Burial (1844) • Mesmerische Offenbarung (1844) • Die längliche Kiste (1844) • The Angel of the Odd (1844) • Thou Art the Man (1844) • The Literary Life of Thingum Bob, Esq. (1844) • Der entwendete Brief (1844) • The Thousand-and-Second Tale of Scheherazade (1845) • Some Words with a Mummy (1845) • The Power of Words (1845) • The Imp of the Perverse (1845) • The System of Doctor Tarr and Professor Fether (1845) • Die Tatsachen im Fall Waldemar (1845) • Die Sphinx (1846) • Das Fass Amontillado (1846) • The Domain of Arnheim (1847) • Mellonta Tauta (1849) • Hopp-Frosch (1849) • Von Kempelen and His Discovery (1849) • X-ing a Paragrab (1849) • Landor’s Cottage (1849)

Andere Werke

Maelzel’s Chess Player (1836) • The Daguerreotype (1840) • The Philosophy of Furniture (1840) • A Few Words on Secret Writing (1841) • The Rationale of Verse (1843) • Morning on the Wissahiccon (1844) • Old English Poetry (1845) • Die Philosophie der Komposition (1846) • Das poetische Prinzip (1846) • Heureka (1848) • The Balloon-Hoax (1844) • The Narrative of Arthur Gordon Pym of Nantucket (1838) • Das Tagebuch des Julius Rodman (1840) • Politian (1835) • The Conchologist’s First Book (1839) • Der Leuchtturm (1849)