Waldemar Kraft

Waldemar Kraft (vordere Reihe, 1. von rechts), 1953

Waldemar Erich Kraft (* 19. Februar 1898 in der Ortschaft Brzustow der Stadt-und-Landgemeinde Jaratschewo, Kreis Jarotschin, Provinz Posen; † 12. Juli 1977 in Bonn) war ein deutscher Politiker (GB/BHE, ab 1956 CDU).

Ausbildung und Beruf

Nachdem Kraft, der evangelischen Glaubens war, bis zur Obersekunda die Oberrealschule in Posen besucht hatte, absolvierte er anschließend eine landwirtschaftliche Lehre. Von 1915 bis 1920 war er Soldat und nahm am Ersten Weltkrieg teil, wo er schwer verwundet wurde. Zuletzt war er als Kompaniechef eingesetzt. Von 1921 bis 1939 war er Direktor des „Hauptvereins der Deutschen Bauernvereine“ im nunmehr polnischen Posen, ab 1925 war er zusätzlich Direktor des „Deutschen Landwirtschaftlichen Zentralverbandes in Polen“. Von 1939 bis 1940 amtierte er als Präsident der Landwirtschaftskammer im annektierten Posen. Von 1940 bis 1945 war er Geschäftsführer der „Reichsgesellschaft für Landbewirtschaftung in den eingegliederten Ostgebieten mbH“ („Reichsland“) in Berlin, die kurz vor Kriegsende nach Ratzeburg verlegt wurde und die für die Enteignung polnischen und jüdischen landwirtschaftlichen Besitzes zuständig war.[1]

Von 1945 bis 1947 war er in Schleswig-Holstein interniert und lebte bis 1950 als Arbeitsloser in Ratzeburg. Von 1949 bis 1951 war er Sprecher der Landsmannschaft Weichsel-Warthe und unterzeichnete die Charta der deutschen Heimatvertriebenen. Später wurde er Ehrenvorsitzender.

Partei

Kraft beantragte am 15. Februar 1943 die Aufnahme in die NSDAP und wurde zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 9.428.904).[2][3] Er trat zum 13. November 1939 der allgemeinen SS als Hauptsturmführer bei (SS-Nummer 347.184).[4] Trotz seines erst späten NSDAP-Beitritts, er hätte als Auslandsdeutscher in Polen auch schon vor dem Krieg der NSDAP-Auslandsorganisation beitreten können, charakterisieren ihn Danker und Lehmann-Himmel in ihrer Studie über das Verhalten und die Einstellungen der Schleswig-Holsteinischen Landtagsabgeordneten und Regierungsmitglieder der Nachkriegszeit in der NS-Zeit als „exponiert-nationalsozialistischen“ Besatzungsakteur.[5]

1950 gehörte er zu den Mitbegründern des Bundes der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE), dessen Landesvorsitzender in Schleswig-Holstein er von 1950 bis 1951 war. 1951 wurde er zum Bundesvorsitzenden des BHE gewählt, der ab dem 14. November 1952 Gesamtdeutscher Block/BHE (GB/BHE) hieß. Nach dem Eklat auf dem Bundesparteitag am 8. und 9. September 1954 um die nicht erfolgte Wiederwahl der Pressereferentin Eva Gräfin Finck von Finckenstein nahm Kraft seine anschließende Wiederwahl zum Bundesvorsitzenden (90 von 131 Stimmen) nicht an.

Am 11. Juli 1955 trat er mit der sogenannten „K.O.-Gruppe“ (nach ihm und Theodor Oberländer benannt) aus dem GB/BHE aus und trat am 20. März 1956 der CDU bei.

Abgeordneter

Von 1950 bis 1953 war Kraft Mitglied des Landtages von Schleswig-Holstein, wo er den Wahlkreis Lauenburg-West vertrat.

Von 1953 bis 1961 war er danach Mitglied des Deutschen Bundestages, zuerst für den GB/BHE gewählt, trat er am 15. Juli 1955 der CDU/CSU-Fraktion bei. Hier war er von 1960 bis 1961 Vorsitzender des Ausschusses für den Lastenausgleich.

Waldemar Kraft war zuletzt (3. Wahlperiode 1957) über die Landesliste Nordrhein-Westfalen in den Deutschen Bundestag eingezogen.

Öffentliche Ämter

Vom 5. September 1950 bis zum 25. Juni 1951 war Kraft im Kabinett Bartram Finanzminister und Stellvertreter des Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein. Ab dem 28. Juli 1951 amtierte er als Finanzminister im Kabinett Lübke II, ab dem 28. Oktober 1951 noch zusätzlich als Justizminister und Stellvertreter des Ministerpräsidenten.[6]

Nach der Bundestagswahl 1953 schied er am 20. Oktober 1953 aus der Landesregierung aus und wurde am selben Tag als Bundesminister für besondere Aufgaben in die von Bundeskanzler Konrad Adenauer geführte Bundesregierung berufen. Am 16. Oktober 1956 schied er aus der Bundesregierung aus.

Ehrungen

Literatur

  • Rainer Salzmann: Kraft, Waldemar. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, ISBN 3-428-00193-1, S. 655 f. (Digitalisat).

Weblinks

  • Waldemar Kraft. In: Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein
  • Waldemar Kraft im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Nachlass Bundesarchiv N 1267

Einzelnachweise

  1. Landtagsdrucksache 18-4464, Seite 117, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  2. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/22750018
  3. Landtagsdrucksache 18-4464, Seite 117, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  4. Bundesarchiv R 9361-III/537458
  5. Landtagsdrucksache 18-4464, Seite 285, abgerufen am 19. Oktober 2020.
  6. Kraft, Waldemar. In: Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein. Abgerufen am 7. November 2022. 
Stellvertreter des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein

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Franz Josef Strauß (CSU, 1953–1955) | Robert Tillmanns (CDU, 1953–1955) | Waldemar Kraft (GB/BHE, 1953–1956) | Hermann Schäfer (FDP, 1953–1956) | Heinrich Krone (CDU, 1961–1964) | Ludger Westrick (CDU, 1964–1966) | Horst Ehmke (SPD, 1969–1972) | Egon Bahr (SPD, 1972–1974) | Werner Maihofer (FDP, 1972–1974) | Wolfgang Schäuble (CDU, 1984–1989) | Hans Klein (CSU, 1989–1990) | Rudolf Seiters (CDU, 1989–1991) | Lothar de Maizière (CDU, 1990) | Sabine Bergmann-Pohl (CDU, 1990–1991) | Günther Krause (CDU, 1990–1991) | Rainer Ortleb (FDP, 1990–1991) | Hansjoachim Walther (DSU, 1990–1991) | Friedrich Bohl (CDU, 1991–1998) | Bodo Hombach (SPD, 1998–1999) | Thomas de Maizière (CDU, 2005–2009) | Ronald Pofalla (CDU, 2009–2013) | Peter Altmaier (CDU, 2013–2018) | Helge Braun (CDU, 2018–2021) | Wolfgang Schmidt (SPD, seit 2021)

Kabinett Adenauer II – 20. Oktober 1953 bis 15. Oktober 1957

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Normdaten (Person): GND: 124550282 (lobid, OGND, AKS) | VIAF: 40315096 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Kraft, Waldemar
ALTERNATIVNAMEN Kraft, Waldemar Erich (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher Politiker (GB/BHE, CDU), MdL, MdB
GEBURTSDATUM 19. Februar 1898
GEBURTSORT Brzustow, Provinz Posen
STERBEDATUM 12. Juli 1977
STERBEORT Bonn