Eva Rühmkorf

Eva Rühmkorf beim SPD-Wahlparteitag 1983 in der Westfalenhalle in Dortmund.

Eva Rühmkorf (geb. Titze; * 6. März 1935 in Breslau; † 22. Januar 2013[1] in Ratzeburg) war eine deutsche Psychologin und Politikerin (SPD). In Schleswig-Holstein war sie von 1988 bis 1990 Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur und von 1990 bis 1992 Ministerin für Bundesangelegenheiten sowie Stellvertreterin des Ministerpräsidenten Björn Engholm.

Leben

Nach dem Abitur absolvierte Eva Rühmkorf ein Studium der Psychologie, Theologie und Germanistik in Marburg und Hamburg, welches sie 1961 als Diplom-Psychologin beendete. Anschließend war sie bis 1969 als Marktforscherin bei verschiedenen Werbeagenturen tätig. Während ihres Studiums war sie Mitglied im SDS und beteiligte sich aktiv an der Kampagne gegen die Wiederaufrüstung der Bundesrepublik Deutschland.

1968 trat sie in den Dienst der Justizbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg ein. Hier war sie bis 1973 als Grundsatzreferentin im Strafvollzug tätig und anschließend bis 1978 wissenschaftliche Direktorin der 1970 neu errichteten Jugendstrafanstalt Vierlande in Hamburg-Bergedorf. Als Helmut Schmidt Bundeskanzler wurde, legte Rühmkorf alle Funktionen in der Hamburger SPD nieder und erwog einen Austritt. Aufgrund von Schmidts Haltung während der Debatte um Kernenergie, insbesondere zum Bau des Kernkraftwerks Brokdorf, und seiner proamerikanischen Außenpolitik, die Rühmkorf als friedensgefährdend ansah, gehörte sie zu seinen parteiinternen Gegnern.[2]

Im Januar 1979 wurde Eva Rühmkorf als Leiterin der neu gegründeten Hamburger „Leitstelle Gleichstellung der Frau“ Deutschlands erste Gleichstellungsbeauftragte;[3]

Vor der Bundestagswahl 1983 gehörte sie zum Beraterkreis des Kanzlerkandidaten Hans-Jochen Vogel und sollte im Fall eines Wahlsieges die Position einer Beauftragten für Gleichstellung im Kanzleramt besetzen.[4] Im gleichen Jahr wurde sie in Hamburg zur Staatsrätin ernannt.

Am 31. Mai 1988 berief Björn Engholm sie als Ministerin für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur des Landes Schleswig-Holstein in sein erstes Kabinett. In ihrer Amtszeit wurden u. a. ein neues Schul- sowie ein neues Hochschulgesetz verabschiedet, Angebote für ein freiwilliges zehntes Schuljahr an Hauptschulen und für schulische Integration ausgeweitet und die Gesamtschule wurde Regelschule. 1990 kam es zu einer Ämterrochade mit der Ministerin Marianne Tidick. Diese übernahm am 1. Juni 1990 das Bildungsressort und Eva Rühmkorf das Ministerium für Bundesangelegenheiten. Gleichzeitig wurde sie auch zur Stellvertreterin des Ministerpräsidenten ernannt.[5] Nach der Landtagswahl 1992 schied sie am 5. Mai 1992 aus der Landesregierung aus.

Grabstein von Eva Rühmkorf und ihrem Ehemann Peter Rühmkorf

Von 1999 bis 2001 war sie Bundesvorsitzende von pro familia.[6]

Sie zählte zu den ersten Frauen, die Politik zu ihrem Beruf machten, und beschrieb sich selbst als linke Sozialdemokratin, Pazifistin und Feministin.[7]

Eva Rühmkorf war seit 1964 mit dem Schriftsteller Peter Rühmkorf (1929–2008) verheiratet. Sie verstarb in einem Krankenhaus in Ratzeburg.[8] Ihr Urnengrab befindet sich auf dem Hauptfriedhof Altona.

Publikationen

  • Wer unten ist, der fällt auch tief. Ursachen der Jugendkriminalität. Beltz Verlag, 1977, ISBN 3-407-84010-1
  • (Hrsg. gemeinsam mit Marita Haibach, Mechthild Immenkötter u. a.): Frauen sind nicht zweite Klasse. Frauenpolitik für Gleichstellung. VSA-Verlag, Hamburg 1986.
  • Vogelkunde. Hans-Jochen Vogel zum 60. Geburtstag Gesammelt von Eva Rühmkorf, Hrsg.: Vorstand der SPD, 1986.
  • Hinter Mauern und Fassaden. Erinnerungen einer engagierten Frau. Fischer-Taschenbuch, 2000, ISBN 3-596-14549-X.
  • gemeinsam mit Ute Vogt, moderiert von Jürgen Leinemann und Horand Knaup: Wir sind die Besseren. Starke Frauen und Politik. DVA, 2002, ISBN 3-421-05606-4.

Ehrungen

  • Frau des Jahres“ 1985, Ehrenpreis des Deutschen Staatsbürgerinnen-Verbandes e. V.
  • Hammonia-Preis“ 2010, Auszeichnung des Landesfrauenrates Hamburg für ihr Engagement für Frauen und Gleichstellung[9]
  • Im Hamburger Neubaugebiet „Mitte Altona“ wurde 2016 die Eva-Rühmkorf-Straße nach ihr benannt.

Weblinks

  • Literatur von und über Eva Rühmkorf im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Eva Rühmkorf. In: Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein
  • Eva Rühmkorf – Ehemalige Vorsitzende Pro Familia im Gespräch mit Isabella Schmid. In: BRα-Forum am 27. Oktober 2000 (Protokoll der Sendung)

Einzelnachweise

  1. Das Sterbedatum folgt den Angaben auf dem Grabstein. Abweichend davon nennt das Landtagsinformationssystem Schleswig-Holstein den 21. Januar 2013 als Sterbedatum.
  2. E. Rühmkorf, U. Vogt, J. Leinemann, H. Knaup: Wir sind die Besseren. Starke Frauen und Politik, 2002, S. 71–72
  3. Insa Gall, Eva Eusterhus: Mit Diplomatie gegen antiquierte Rollenbilder. In: Die Welt, 7. März 2009
  4. Trio und Quartett, Spiegel Nr. 4, 24. Januar 1983
  5. Sabine Etzold: Stürme im hohen Norden. In: Die Zeit, Nr. 21/1990
  6. Sabine Etzold: Zeittafel (PDF; 367 kB). In: Pro Familia Magazin, 1/2012, S. 5
  7. Selbstauskunft. In: Radiosendung wdr5 am 11. Januar 2009, 19.05–19.30 Uhr: Erlebte Geschichten (Memento vom 18. Dezember 2008 im Internet Archive) (als Podcast erhältlich)
  8. ln-online.de 23. Januar 2013; Traueranzeige. In: Kieler Nachrichten, 26. Januar 2013
  9. Internetseite des Landesfrauenrates Hamburg: Projekte; Hammonia (Memento vom 23. Februar 2016 im Internet Archive)
Stellvertreter des Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein

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Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein

Wilhelm Kuklinski | Rudolf Katz | Wilhelm Siegel | Paul Pagel | Helmut Lemke | Edo Osterloh | Claus-Joachim von Heydebreck | Kurt Hannemann | Walter Braun | Peter Bendixen | Eva Rühmkorf | Marianne Tidick | Marianne Tidick (Wissenschaft) und Gisela Böhrk (Bildung) | Gisela Böhrk | Ute Erdsiek-Rave | Dietrich Austermann (Wissenschaft) und Ute Erdsiek-Rave (Bildung) | Werner Marnette (Wissenschaft) und Ute Erdsiek-Rave (Bildung) | Jörn Biel (Wissenschaft) und Ute Erdsiek-Rave (Bildung) | Jörn Biel | Jost de Jager (Wissenschaft) und Ekkehard Klug (Bildung) | Waltraud Wende | Britta Ernst | Karin Prien

Vorsitzende bzw. Präsidenten der Kultusministerkonferenz

Theodor Bäuerle | Erwin Stein | Albert Sauer | Adolf Grimme | Alois Hundhammer | Adolf Süsterhenn | Alois Hundhammer | Heinrich Landahl | Albert Sauer | Richard Voigt | Christine Teusch | Willy Dehnkamp | Wilhelm Simpfendörfer | Arno Hennig | Eduard Orth | Edo Osterloh | Joachim Tiburtius | Theodor Maunz | Heinrich Landahl | Richard Voigt | Willy Dehnkamp | Paul Mikat | Wilhelm Hahn | Ernst Schütte | Claus-Joachim von Heydebreck | Werner Scherer | Carl-Heinz Evers | Bernhard Vogel | Hans Maier | Reinhard Philipp | Moritz Thape | Jürgen Girgensohn | Joist Grolle | Wilhelm Hahn | Hans Krollmann | Walter Braun | Josef Jochem | Peter Glotz | Hanna-Renate Laurien | Georg Gölter | Hans Maier | Joist Grolle | Georg-Berndt Oschatz | Hans Schwier | Horst Werner Franke | Helmut Engler | Wolfgang Gerhardt | Georg Gölter | Eva Rühmkorf | Marianne Tidick | Manfred Erhardt | Diether Breitenbach | Steffie Schnoor | Hans Zehetmair | Rosemarie Raab | Karl-Heinz Reck | Rolf Wernstedt | Anke Brunn | Gabriele Behler | Hans Joachim Meyer | Willi Lemke | Annette Schavan | Dagmar Schipanski | Karin Wolff | Doris Ahnen | Johanna Wanka | Ute Erdsiek-Rave | Jürgen Zöllner | Annegret Kramp-Karrenbauer | Henry Tesch | Ludwig Spaenle | Bernd Althusmann | Ties Rabe | Stephan Dorgerloh | Sylvia Löhrmann | Brunhild Kurth | Claudia Bogedan | Susanne Eisenmann | Helmut Holter | Ralph Alexander Lorz | Stefanie Hubig | Britta Ernst | Karin Prien | Astrid-Sabine Busse | Katharina Günther-Wünsch | Christine Streichert-Clivot

Normdaten (Person): GND: 11937255X (lobid, OGND, AKS) | LCCN: n85254411 | VIAF: 188217127 | Wikipedia-Personensuche
Personendaten
NAME Rühmkorf, Eva
ALTERNATIVNAMEN Titze, Eva (Geburtsname)
KURZBESCHREIBUNG deutsche Psychologin und Politikerin (SPD)
GEBURTSDATUM 6. März 1935
GEBURTSORT Breslau
STERBEDATUM 22. Januar 2013
STERBEORT Ratzeburg